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I1. Buch.
Frührenaissance.
Die
und Kelterns der Trauben mit allen dazu gehörigen Episoden, wie sie
reizvoller nicht zu denken. (Fig. 102.) Stattliche Jünglinge, anmuthige
Jungfrauen, heitere Kinderschaaren beleben die Scene, prachtvolle
Paläste mit Arkaden und Loggien, Gärten mit Cypressen, Palmen
und Orangen geben ein Bild von der reichen florentinischen Landschaft.
Bei der Schilderung von Noah's Trunkenheit sieht man die berühmte
Frauengestalt, die zum Schein mit der Hand das Gesicht bedeckt, um
durch die Finger vorwitzig nach dem daliegenden Noah zu schauen
(„la vergognosa di Pisa").
Aehnlicher Reichthum in Wahrhaft überschwenglicher Weise zeich-
net alle übrigen Compositionen aus, freilich in einer Verschwendung
genrehafter Motive, dass darunter das Wesentliche der Vorgänge zum
N ebensächlichen herabgesetzt wird. So in der Verfluchung Hanfs,
wo die zahlreichen Gruppen spielender Kinder, modisch geputzter
Jünglinge und Jungfrauen und mannigfaltige Thierscenen das Interesse
fast ganz in Anspruch nehmen, an sich freilich wieder ein Ganzes von
heiterster Lebensfülle. Der Thurmbau von Babel bietet dann wieder
ihm Gelegenheit, nicht bloss in dem dichten Gewühl Zuschauender
eine Anzahl bedeutender Portratgestalten, darunter Cosmo de' Medici
und andre Berühmtheiten der Zeit vorzuführen, sondern in dem Ge-
tümmel vor und auf dem Baugerüst eine bis in's Kleinste gehende
Schilderung des rührigen Treibens auf einem Bauplatze zu geben. In
dem fabelhaft reichen architektonischen Hintergründe sind alle möglichen
Reminiscenzen zusammengedrängt, von der Trajanssaule bis zum Thurm
des Palazzo vecchio. Aehnliches gilt von dem Bilde, wo der Götzen-
dienst des Baal geschildert wird, und wo so recht die phantastische
Willkür hervortritt, mit welcher Benozzo seine Architekturen behandelt.
Dann führt er Abraham und Lot in Aegypten vor, in köstlicher
Landschaft mit genrehaften Scenen, trefflichen Pferden und Hunden
und Schilderung des Hirtenlebens. Man erkennt hier so recht wieder,
welch ein Meister der Thierdarstellung Benozzo ist. Eine Scene wilden
Kampfgetümmels sieht man sodann in Abrahams Schlacht, reich an
lebensvollen Einzelzügen, das Ganze aber doch etwas wirr und über-
laden. Dagegen bietet das Bild, welches Abraham und Hagar, dann
die Züchtigung der letzteren durch Sarah, ihre Flucht, die Erscheinung
der Engel vor Abraham und ihre Bewirthung enthält, einen Reichthum
an edlen Gestalten. Der Patriarch, den man nicht weniger als fünfmal
in den verschiedenen Scenen auftreten sieht, ist eine Gestalt voll Würde;
die Engel erinnern an Benozzo's beste Inspirationen. Wirr und über-