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Buch.
Frührenaissance.
die treue Schilderung eines humanistischen Hörsaals jener Zeit, und
damit wieder einen werthvollen Beitrag zur Kulturschilderung der
Renaissance. (Fig.101.) Zu den besterhaltenen Bildern gehört dann
Augustins Ankunft in Mailand, wo man ihn nach der Sitte der Zeit,
welcher namentlich Benozzo anhängt, dreimal in verschiedenen Scenen
dicht neben einander sieht; zuerst wie ein Diener ihm bei der Ankunft
die Sporen abschnallt, während ein anderer das Ross am Zügel hält;
dann wie er vom h. Ambrosius empfangen wird, der liebevoll seine
beiden Hände ergreift; endlich wie er in einer offenen Säulenhalle dem
Kaiser Theodosius knieend seine Ehrfurcht beweist, wobei es wieder
nicht an ausdrucksvollen Gestalten von Hofleuten und andern Zu-
schauern fehlt. Von lebensvoller Mannigfaltigkeit ist dann die Scene,
wie er von Ambrosius im christlichen Glauben unterwiesen wird, leider
in manchen Theilen stark zerstört; idyllisch anmuthig die Gartenscene,
in der man ihn ganz versunken in die Briefe des h. Paulus sitzen sieht.
Ein gutes Ceremonienbild ist seine Taufe durch Ambrosius unter einer
etwas wunderlichen Baldachinarchitektur (bezeichnet 1. April 1464);
eine gemüthliche Idylle sein Besuch bei den Einsiedlern; besonders
anziehend der Tod der h. Monica, obwohl die beiden nackten Kinder,
die vor einem Hunde fliehen, eine wunderliche Zugabe sind. Die
übrigen Bi1der_ haben starke Zerstörung erfahren, nur die reiche Dar-
stellung der Bestattung des Heiligen, wobei nach dem Vorgange Fra
Filippds einzelne klagende Gestalten von ergreifendem Ausdruck, ist
wohl erhalten. Es ist dies eine seiner schönsten und feierlichsten
Compositionen. Die untergeordneten Theile dieser grossen Arbeit führte
sein Gehülfe Giusto dßlndrca aus, der uns in seinem noch erhaltenen
Tagebuche erzählt, dass er zuerst bei Neri di Bicci, dann bei Fra
Filippo und endlich bei „dem vorzüglichen Meister der Wandmalerei",
Benozzo, und zwar in S. Gimignano gearbeitet habe. Von ihm rühren
die Apostel am Eingangsbogen des Chores, sowie die Heiligen an den
Fensterlaibungen, ausserdem gewiss sonst noch manches von den unter-
geordneten Theilen, namentlich die Figuren und sonstigen Ornamente
der Pilaster und die hässlichen steifen Engel mit der Inschrifttafel.
Wie hurtig Benozzo arbeitete, aber wie oberflächlich es dabei
zuweilen zuging, beweist eine ebenfalls 1465 ausgeführte Freske, die
abermals der Verherrlichung des h. Sebastian gewidmet ist, in der
Collegiata zu S. Gimignano. Charakteristisch für die antiken An-
Sehauungen der Zeit, dass der Heilige hier als glorreichster Athlet
bezeichnet wird („ad laudem gloriosissimi athleti sancti Sebastiani").