Kapitel.
florentiner
Die
Schule.
Generation.
Zweite
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am meisten Mühe gemacht, eben so wenig wie auf dem Genter Altar
erfreulich ist. Ohne Frage hat auf diese Darstellungen mit ihrem
unerschöpflichen naturalistischen Detail die Bekanntschaft mit Werken
der flandrischen Schule eingewirkt. Das Ganze, in lichten Farbentönen
mit reicher Anwendung von Goldschmuck an Gewändern, Waffen und
sonstiger Ausrüstung durchgeführt, giebt den Eindruck jugendlich
unerschöpflicher Lebenslust, verbunden mit der poetischen Stimmung
märchenhafter Legende. Die noch vorhandenen Briefe des Künstlers
an Piero de' Medici aus dem Jahre 1459 zeigen ihn in voller Arbeit
und sind zugleich ein liebenswürdiges Zeugniss seines bescheidenen
Sinnes. Sich selbst hat er unter dem Gefolge der Medici im Zuge
der h. drei Könige abgebildet.
Im Jahre 1461 erhielt Benozzo den Auftrag, für die Bruderschaft
von S. Marco um 300 Lire eine Altartafel der thronenden Madonna
zu malen, mit der besonderen Bestimmung, dass er sich dabei nach
dem Bilde Fiesole's am Hochaltar der Kirche richten solle. Diese Tafel,
jetzt in der Nationalgalerie zu London, ist eins seiner schönsten Bilder,
trefflich aufgebaut, im Schönheitssinu Fiesole's, aber mit schärferer
Ausprägung der Charaktere, in deren Durchführung man den realisti-
sehen Fortschritt der Zeit erkennt. Das Kolorit ist klar und warm
und zeigt uns die technischen Eigenschaften des Künstlers auf ihrer
Höhe. Im Jahre 1464 finden wir sodann Benozzo in S. Gimignano,
wo er im Auftrage des Domenico Strambi, der lange Zeit in Paris
gelebt und dort den Doktorhut erhalten hatte und daher als „Doctor
Parisinus" bezeichnet wird, bedeutende Werke ausführte. Zunächst
malte er in S. Agostino den h. Sebastian als Schutzpatron gegen die
Pest, von Welcher der hoch und gesund gelegene Ort grade damals,
wie man annahm durch die Fürbitte des Heiligen, befreit geblieben
war. Der obere Theil des Bildes zeigt die ehrwürdige Gestalt Gott-
Vaters, wie er, von Engeln umgeben, einen Pestpfeil hinabschleudert,
eine Vorstellung, die auffallend an den pestsendenden Apoll erin-
nert. Vergebens erscheinen, etwas unterhalb dieser Darstellung, Chri-
stus und die Madonna, jener seine Seitenwunde zeigend, diese sogar
die Brust entblössend: sie vermögen, wie es scheint, den Zorn des
himmlischen Vaters nicht zu ibeschwichtigen. Da bewährt sich denn,
unten auf.einem Postamente stehend, der h. Sebastian als der eigent-
liche Nothhelfer: Engel breiten seinen Mantel weit nach beiden Seiten
aus, dass derselbe die Pfeile auffängt und als schützende Decke die
andächtig im Gebet versammelte Gemeinde umgiebt. Die Luft ist