Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1)

320 
Buch. 
Frührenaissance. 
Die 
seiner Städte, Flecken und Villen aufweist. So schildert er uns mit 
einer erstaunlichen Wahrheit die ganze Breite des Kulturlebens seiner 
Zeit, so dass seine Werke schon als Denkmal der Kulturgeschichte 
einen hervorragenden Werth behaupten. Allerdings wird durch diese 
Ueberfülle der einfache Gedankeninhalt in seinem Kern oft gänzlich 
überwuchert. Die Episoden verschlingen häufig den geschichtlichen 
Vorgang und umspinnen ihn wie der üppige Epheu den Eichbaum. Aus 
dem Legendenerzähler wird ein unermüdlich plaudernder Märchen- 
erzähler, dem man gerne lauscht, 0b er sich auch durch die kindliche 
Lust am Einzelnen zu unabsehbaren Abschweifungen verleiten lässt. 
Dabei passirt ihm manche Menschlichkeit, manche Flüchtigkeit in der 
Zeichnung und Modellirung, selbst in der Perspektive, so dass er in 
dieser Hinsicht an die späteren Giottisten erinnert. Auch in der 
technischen Behandlung ist er ungleich, bisweilen namentlich in der 
Modellirung nicht ohne ein scharfes, hartes Wesen, das wieder an die 
Plastik der Zeit, namentlich die Erzarbeit erinnert. Alles in Allem 
ist er ein Meister, der zwar nicht die höchsten Anforderungen befrie- 
digt und den tieferen Sinn anregt, aber doch durch die unerschöpf- 
liche Lebendigkeit fesselt und vor allen Zeitgenossen das Prädikat der 
Liebenswürdigkeit verdient. 
Das erste, was wir von Benozzo's selbständigem Auftreten er- 
fahren, ist seinVersuch 1449 die durch seines Meisters Fiesole Abgang 
unterbrochene Arbeit im Dom zu Orvieto zu erhalten. Da die Be- 
hörden, nachdem er eine Probe abgelegt, sieh zu seiner Berufung nicht 
entschliessen konnten, wandte er sich nach Montefaleo bei Foligno, 
wo man ihn mit ansehnlichen Aufträgen betraute. Ausser einer Madonna 
am Portal von S. Fortunato malte er in derselben Kirche eine Ver- 
kündigung, sodann am Hochaltar die Verherrlichung des Heiligen und 
an einem andern Altar die Geschichte des h. Gürtels, letztere jetzt zu 
Rom im Museum des Lateran befindlich. Diese Arbeiten stehen den 
Werken Fra Angelico's so nahe, dass man sie zum Theil ihm bei- 
gelegt hat. Die Inschrift giebt neben dem Namen des Meisters die 
Jahreszahl 1450. Einen vollständigen Freskencyclus führte er sodann 
in derselben kleinen Stadt im Chor der Kirche S. Francesco aus, 
laut inschriftlichem Zeugniss 1452 vollendet. In zwölf Scenen erzählt 
er hier das Leben des h. Franz und fügt dazu Medaillons mit Brust- 
bildern von Heiligen, denen er bezeichnend genug Dante, Giotto und 
Petrarca beigesellt. Auch diese Werke sind voll edlen Gefühls in der 
Weise Fiesole's, aber doch schon durchweht mit realistischen Einzel-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.