Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1)

316 
Buch. 
Die Frührenaissance. 
besonders in dem nackten Körper des Heiligen mit der plastischen 
Durchbildung der Form sich glücklich verbindet, alle diese Eigen- 
schaften verleihen dem Werke eine nicht gewöhnliche Bedeutung. 
Geringerer Art ist die Krönung der Jungfrau mit zahlreichen Engeln 
und sechs verehrenden Heiligen im Chor der Pieve zu S. Gimignan o, 
bezeichnet als Werk des Piero, von 1483 („Piero del Pollaiuolo 
Florentinou). Sehr interessant endlich ist eine grosse Tafel mit der 
Verkündigung im Museum zu Berlin (N0. 73) wegen der aussor- 
ordentlichen Kraft der Modellirung und der sehr tiefen und Warmen, 
aber zähen und fetten Farbe. Zugleich merkwürdig wegen der bunten 
Üeberladung mit architektonischem und allerlei andrem schmückenden 
Beiwerk. Bilder dieser Art verrathen deutlich die Abstammung von 
der herben Formbezeichnung Castagnds. Von dem Compositionstalent 
der Pollajuoli geben die nach ihren Zeichnungen durch Paolo da Ve- 
rona ausgeführten prachtvollen Stickereien im Schatze des Bap- 
tisteriums zu Florenz glänzendes Zeugniss. In feinster farbiger Dar- 
stellung enthalten sie das Werk sechsundzwanzigjährigen Fleisses, 
Scenen aus der Geschichte Johannes des Täufers; ein Beweis von der 
künstlerischen Pracht, welche sich selbst auf die Herstellung der Mess- 
gewänder erstreckte. 
Gleich den Pollajuoli war auch Andrea cZeZ Vewocchio, geb. 1435 
in Florenz, in erster Linie Goldschmied und Erzarbeiter, der sich 
durch zahlreiche plastische Werke von hoher Gediegenheit in ähnlicher 
Richtung hervorgethan hat. Von ihm stammen u. A. die Grabmäler 
des Lorenzo und Piero de' Medici in S. Lorenzo, eine Bronzestatue des 
David im Museum des Bargello, die köstliche Brunnentigur im Hofe 
des Pa.lazzo Vecchio, die bedeutsame Gruppe des h. Thomas und 
Christus in einer Nische von Orsanmichele und endlich das Modell der 
nachmals von Alessandro Leopardo vollendeten gewaltigen Reiterstatue 
Colleoni's zu Venedig, wo Verrocchio 1488 starb. In ihm erkennen 
wir einen der vielseitigsten Künstler, denn nach Vasarfs Zeugniss war 
er Goldschmied, Meister in der Perspektive, Bildhauer und Holz- 
Schnitzer, Maler und Musiker. Das einzige beglaubigte Bild seiner 
Hand ist die sehr bedeutende Taufe Christi, für das Kloster S. Salvi 
gemalt, jetzt in der Akademie (Fig. 99). In schöner stiller Land- 
schaft, über welcher der poetische Hauch der Einsamkeit ruht, sieht 
man Christus im durchsichtigen Gewässer eines Baches stehen, mit 
dem Ausdruck inniger Sammlung die Hände vor dem Täufer faltend, 
der in lebhaft ausschreitender Bewegung das Taufwasser über sein
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.