Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1)

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Buch. 
Frührenaissance. 
Die 
unterscheiden sein wird, wenn man nicht annehmen will, dass die mehr 
malerischen auf ihn , die mehr plastischen auf den älteren Bruder zu 
beziehen seien. Beide Brüder starben in Rom, Piero um 1496, Antonio 
1498. Sie scheinen beide, namentlich der ältere, zu grosser Wohl- 
habenheit gekommen zu sein, was wohl hauptsächlich auf den Betrieb 
ihrer Gold- und Silberschmiedewerkstatt zu setzen ist. Piero hinter- 
liess seinem Bruder ein Landstück bei Pistoja im Werth von 300 Lire, 
Antonio aber konnte seinen beiden Töchtern je ÖOOO Golddukaten 
vermachen.  
Unter ihren Gemälden sind zunächst sechs Allegorien von Tugenden 
zu nennen, ursprünglich für das Handelstribunal gemalt, jetzt in den 
Uffizien, wo die Prudentia unter N0. 1306 aufgestellt ist. Es ist 
eine schlanke Figur, in einer gemalten Nische thronend, in reicher 
Tracht mit Goldornamenten, die Formen mit voller Bestimmtheit 
plastisch durchgebildet, die Gewandung von freiem Fluss, die Farbe 
kräftig und dabei klar und frisch, offenbar in Oel ausgeführt. Es ist 
eine Arbeit ,'Y welche in seltener Weise plastische und malerische Vor- 
züge vereinigt. Inderselben Sammlung sieht man zwei kleine Bilder, 
Herkules mit Antäus und mit der Hydra kämpfend, auf zierlichem 
landschaftlichem Hintergrund, Arbeiten von trefflicher plastischer Durch- 
bildung, die ein genaues Studium der Anatomie und der Antike "ver- 
rathen. Ebendort befindet sich eine Tafel mit den heiligen Jakobus, 
Eustachius und Vincenz, ursprünglich für S. Miniato im Auftrag des 
Kardinals von Portugal gemalt, bedeutende Gestalten, von grosser 
Kraft und Tiefe des Kolorits, die höchst individuellen Köpfe von 
fesselndem Ausdruck. Das Interesse an lebensgrossen Aktfiguren zeigt 
der heilige Sebastian in der Galerie Pitti. Üngleich bedeutender 
aber ist das Martyrium desselben Heiligen, welches 1475 um 300 Scudi 
für die Familienkapelle der Pucci in der Annunziata gemalt wurde, 
jetzt in der Nationalgalerie zu London (Fig. 98). Es ist ohne Frage 
das malerische Hauptwerk der Pollajuoli. In der Gestalt des Heiligen, 
in den sechs Bogenschützen, welche in den mannigfaltigsten Stellungen 
die Armbrust spannen _0der Pfeile auf den erhöht an einem Baum- 
stamm befestigten Heiligen abschiessen, in dem reichen landschaft- 
lichen Hintergründe mit verschiedenen kleineren Scenen und einem in 
antiken Formen reich durchgeführten Gebäude haben die Künstler ihr 
ganzes Wissen von der menschlichen Gestalt und ihrer Bewegung, von 
der Verkürzung und der Perspektive, von architektonischen, plastischen 
und landschaftlichen Formen auf eine Fläche zusammen gedrängt. Mali
	        
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