Buch.
Mittelalter.
Das
in entgegengesctztem Sinne vor, wie der Löwe, der als Sinnbild der
Starke ebensowohl Christus, den Löwen vom Stamme Juda bedeutet, wie
den Widersacher, der da umgeht wie ein brüllender Löwe und suchct,
welchen er verschlinge; ebenso die Schlange als Symbol des Versuchers,
und im Bilde der hoch aufgcrichteten ehernen Schlange Erinnerung
an den gekreuzigten Heiland. Der Haase bezeichnet den Christen,
der sein Heil in Furcht und Zittern wirkt, aber auch die Vergäng-
lichkeit des menschlichen Lebens. Den Durst der Seele nach dem
Heil symbolisirt der Hirsch an der Quelle.
Die Palme als Zeichen des Sieges, schon im klassischen Alterthum
bekannt, wird in derselben Bedeutung auch in den christlichen Denk-
mälern gefunden; die Heiligen und Verklärten tragen deshalb Palmen
in den Händen. Auch der Oelzweig, der besonders im Schnabel der
Taube angebracht wird, ist das Symbol des Triumphes, noch genauer
des ewigen Friedens. Ebenso wird der Kranz oder die Krone als
Zeichen des Sieges über Tod und Hölle verwendet. Die Lilie ist das
Symboldcr Unschuld, die Waage das der Gerechtigkeit Gottes, das
Dreieck Symbol der Dreieinigkeit, die Lampe Andeutung des himm-
lischen Lichtes, das die Finsterniss der Erde erleuchtet, das Schiff
nicht bloss Symbol des menschlichen Lebens, sondern specicll der
christlichen Kirche. Der so häufig vorkommende Weinstock mit den
Trauben ist nach der Parabel des Herrn das Bild Christi und seiner
Gemeinde.
Diese Bildersprache ist ein charakteristischer Grundzug der
ältesten christlichen Kunst; aber sie ist nicht das einzige Ausdrucks-
mittel. Es verbindet sich schon früh mit derselben das Streben, auch
die biblischen Gestalten heranzuziehen; allein so stark herrschte in der
frühesten Zeit der Idealismus der antiken Kunst vor, dass in den ersten
Jahrhunderten das eigentlich Historische noch nicht zum Durchbruch
kommt. Und doch, wie gross War der Gegensatz der christlichen
Lehre zum antiken Mythos! Die griechisch-römischen Götter waren
nur Personificationen von Naturkraften, denen sich im Lauf der Zeit
allgemeine sittliche Begriffe unterschoben; aber niemals hatten Zeus,
Athene, Apollo, Aphrodite Wirkliche Existenz gehabt. Bei den Christen
war der Gottessohn Mensch geworden und hatte auf Erden gelebt,
gelehrt, gelitten. Wie auch die fromme Sage ihre legendarischen
Ranken um die Thatsachen winden mochte, die Erscheinung Christi,
sein reines Erdenwallen, seine erhabene Lehre, sein Opfertod waren
historische Thatsachen, gehörten zu den grössten Ereignissen der