Kapitel.
florentiner
Die
Schule.
Generation
Erste
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ehrender Engel und Heiligen umgeben, in welchen jubelnde Freude mit
vollen Accorden ausgedrückt ist. Eigenthümlich genug verlegt aber
der Künstler die himmlische Handlung auf einen irdischen Schauplatz,
wodurch eine gewisse Gedrängtheit der Anordnung entsteht. Aber
Welche Schönheit hier auf engem Raume! Namentlich ist ein ganzer
Frühling lieblicher und unschuldiger junger Mädchen über das Bild
ausgegossen. Maria selbst ist im Ausdruck holdselig und fast kindlich,
Gottvater, wie auf dem Berliner Bilde, erscheint wie ein wohlwollender
bürgerlicher Papa, ein Beweis, dass dem Künstler das Gebiet des Er-
habenen und Grossartigen verschlossen war. Gegenüber dem Heroischen
eines Masaccio verharrt er in der Befangenheit lieblicher Idylle. Die
Ausführung des Bildes zeugt von liebevoller Sorgfalt und Gewissen-
haftigkeit. Wie viel WTerth er selbst auf dies Werk gelegt hat, er-
kennen wir daraus, dass er sein Bildniss rechts unter der Gruppe der
Anbetenden angebracht hat, mit der Bezeichnung: „is perfecit opus".
Sein Kopf mit den strengen Linien und dem frommen Ausdruck scheint
die schlimmen Eigenschaften, welche Vasari ihm beilegt, Lügen zu
strafen. Eine kleinere Krönung der Maria aus dem Kloster Monte
Oliveto zu Arezzo, im Auftrage Carlo llrlarzilppinfs gemalt, ist jetzt
in der Sammlung des Laterans zu Rom. Man sieht auf derselben
zwei anbetende Donatoren, darunter lllairzuppini selbst. Ein anderes
vorzügliches Altarbild malte Fra Filippo 1438 im Auftrage Gherardo
Barbadorfs für Sto. Spirito; jetzt im Louvre. Es ist ebenfalls der
Verherrlichung der Madonna gewidmet. Auf erhöhtem Throne steht
die Jungfrau, von Engeln als himmlischem Hofstaat umgeben, und
reicht ihr Kind zwei knieenden Aebten zur Verehrung dar. Es ist
eins der vollendetsten Werke Fra Filipp0's, von ungewöhnlicher Kraft
der Färbung und Modellirung, in klarer goldiger Carnation, dabei von
edlem Aufbau, die Gestalt der Madonna, im blauen, lang herabwallenden,
halb aufgenommenen Mantel, voll Adel. Die Predellen dieses Altar-
werkes, die sich in der Akademie zu Florenz (Galerie der grossen
Gemälde Nr. 42) befinden, enthalten die Verkündigung und drei andere
Scenen, überaus liebenswürdig und ausdrucksvoll erzählt. Aus dem Jahre
1447 stammt das Bild der Vision des h. Bernhard, jetzt in der National-
galerie zu London; gut componirt und gezeichnet, doch trübe und
blass in der Farbe und den übrigen Werken keineswegs gleichstehend.
Ebendort sieht man zwei für Cosimo de' Medici ausgeführte Bilder,
Johannes den Täufer mit sechs andern Heiligen und die Verkündigung
darstellend. Sie gehören zu den zartesten und lieblichsten Werken
Liibke, Italien. Malerei. I. .20