Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1)

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Buch. 
Frührenaissance. 
Die 
Berlin befindliche, mit der Bezeichnung "Frater Philippus" versehene 
Tafel, welche die Madonna darstellt, wie sie das in Blumen gebettete 
neugeborene Kind verehrt. Mit dem süssen Ausdruck demüthiger 
Ergebung faltet sie die Hände und kann die Augen von dem holden 
Wunder der Natur nicht abwenden, das mit den goldigen Löckchen 
und den süss lächelnden Zügen wie von rosigem Licht strahlend da- 
liegt und nach" Kinderart die Händchen an die Lippen führt. Rings 
ein dichter Wald, der mit geheimnissvoller Dämmerung die Gestalten 
umfangt, so dass alles Licht von dem Kinde auszugehen scheint. Zur 
Rechten steht der kleine Johannes-mit dem Kreuz, von oben schaut 
wie ein wohlwollender Vater, die Arme ausbreitend, Gott selbst herab, 
und lässt. die Taube des h. Geistes niederschweben, während im Hinter- 
grunde der h. Bernhard anbetend kniet. Es ist eine köstlich poetische 
Idylle, von einer Feinheit der Empfindung, wie sie die Kunstgeschichte 
selten aufweist. Denselben Gegenstand mit geringen Varianten hat 
Fra Filippo noch mehrmals behandelt. So in einer ganz ähnlichen 
Darstellung, Welche aus dem Camaldulenserkloster in die Sammlung 
der Akademie von Florenz gekommen ist (Saal der kleinen Bilder 
Nr. 26), an Liebreiz dem Berliner Bilde verwandt. Ebendort ein Bild 
aus dem Annalenenkloster, das einen Zusatz von mehreren Heiligen 
zeigt, die Madonna etwas dürftig in den Formen, der h. Joseph wunder- 
lich im Ausdruck, die Erhaltung des Bildes etwas mangelhaft (ebenda 
Nr. 12). Verwandter Art ist das schöne Bild im Louvre, das von 
grosser Innigkeit der Empfindung zeugt, die Madonna ganz Demuth und 
Zartheit, das rosige Kindchen wie gewöhnlich an den Händchen saugend, 
die Modellirung des Kopfes und der Hände der Madonna meisterlich, 
die Färbung tief, warm und harmonisch, nur die Landschaft etwas 
hart, ohne Lilftton. In andern Bildern, wo es galt, die Himmels- 
königin in aller Herrlichkeit zu schildern, steht dem Künstler eine 
solche Fülle strahlender Anmuth und Holdseligkeit zu Gebote, dass 
er darin nur von Fiesole übertroffen wird. Freilich ist die Anmuth 
seiner Gestalten eine mehr weltlich heitere, die sich in den jubelnden 
Engeln selbst in's Schalkhafte verliert, so dass er zuerst den naiven 
Zauber der vollen Jugendschönheit und Kindlichkeit in die Kunst ein- 
geführt hat. Das herrlichste Bild dieser Art ist das im Jahre 1441 
Afür den bedeutenden Preis von 1200 florentinischen Liren im Auftrage 
der Nonnen von St. Ambrogio ausgeführte Altarbild der Krönung 
Maria, jetzt in der Sammlung der Akademie (Galerie der grossen 
Gemälde Nr. 41). Die Madonna thront hier, von einer Schaar ver-
	        
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