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Buch.
Frührenaissanee.
auf dem Meere von Piraten gefangen genommen und in die Sklaverei
geschleppt worden. Wie viel Wahres an dieser romanhaften Geschichte
ist, wissen wir nicht, aber 1434 taucht Fra Filippo in Padua auf, wo
er für die Kirche des h]. Antonius und die Kapelle des Podesta Ge-
mälde ausführt, die jetzt verschwunden sind. Bald darauf muss er
nach Florenz zurückgekehrt und in Verbindung mit Cosimo de' Medici
getreten sein, wie wir aus einem schon früher erwähnten Briefe des
Domenico Veneziano von 1438 erfahren, der von Fra Filippo erzählt,
dass er beschäftigt sei ein Altarbild für S. Spirito zu malen. Aus
dem folgenden Jahre datirt ein Brief Fra Filippds an Piero de' Medici,
in welchem der Künstler sich darüber beklagt, dass man ihm das auf-
getragene Bild nicht abnehmen und auch kein Geld mehr geben wolle.
In kläglichen Ausdrücken versichert er, Gott habe ihm sechs Nichten
gegeben, für die er sorgen müsse; er bitte mit Thränen in den Augen,
ihm etwas Korn und Wein überlassen zu wollen, damit die armen
Kinder bei seiner Abreise nicht Mangel leiden müssten. Allerdings
sind diese Klagen des bedrängten Onkels schwer verständlich, wenn
man die grosse Anzahl seiner Werke erwägt und die ansehnlichen
Honorare, welche er für dieselben empfing. Dazu kam, dass er durch
die Gunst Cosimds de' Medici 1452 zum Kaplan eines Nonnenklosters
in Florenz ernannt wurde. Dennoch hatte er stets mit Geldverlegen-
heiten zu kämpfen und wurde wiederholt ausgepfändet. Im Jahre 1456
finden wir ihn in Prato, wo er den Chor des Domes mit Fresken
schmückte und verschiedene Altartafeln malte. Es kostete indess viele
Mühe, ihn zur Vollendung dieser Werke anzuhalten, da er inzwischen
für Giovanni de' Medici Aufträge auszuführen hatte und ausserdem in
ein leidenschaftliches Verhältniss verwickelt wurde, über welches zuerst
Vasari berichtet hat und das neuerdings urkundlich beglaubigt worden
ist. Während er nämlich für die Nonnen von Sta. Margherita ein Bild
malte, sah er im Kloster die Tochter eines Horentinischen Holzhändlers
Francesco Buti, nicht Spinetta genannt, wie man neuerdings ermittelt
zu haben glaubte, sondern, wie Vasari sie ganz richtig nennt, Lucrezia.
Die Nonnen gestatteten ihm, das schöne Mädchen zu porträtiren; die
Folge war aber, dass sie ihm nach einiger Zeit einen Sohn gebar,
welcher als Filippino Lippi den Namen und die Kunst seines Vaters
erbte. Auf diese Angelegenheit bezieht sich ohne Zweifel die Stelle
in einem Briefe des Giovanni de' Medici vom Jahre 1458, wo es heisst:
„die Verirrung Fra Filippds hat uns einigermassen zu lachen gegeben."
Man sieht daraus, wie leichtfertig selbst in angesehenen Kreisen damals