Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1)

II. Kapitel. 
Die florentiner Schule. 
Generation. 
Erste 
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köpfe rechts im Fenster, mit der tiefbräunlichen Carnation, die ge- 
waltigen Greisengestalten im linken Fenster bei der Beerdigung des 
h. Laurentius, alles das sind Eindrücke, welche an die Fresken der 
Cappella Brancaoci erinnern. Gewisse starke Verkürzungen der auf- 
und niederblickenden Köpfe, besonders in der Beerdigung des Stephanus, 
sind noch nicht ganz gelungen, beweisen aber deutlich genug- die 
Tendenzen dieser neuen Kunstrichtung. Sollte Masolino, dessen Name, 
am Gewölbe zu lesen ist und sich also auf die dortigen Gemälde be- 
zieht, die Arbeiten unterbrochen haben und durch einen andern, der 
neuen Richtung angehörenden Künstler, der durch Masaccio beeinflusst 
war, ersetzt worden sein? Selbst die etwas unbehülfliche Weise, wie 
die Compositionen über die Wandecken sogar bis in die Fenster- 
laibungen fortgeführt sind, würde gut stimmen zu der unbekümmerten 
Rücksichtslosigkeit eines jugendlichen Künstlers, der im ersten Anlauf, 
nachdem er die Fesseln einer architektonisch abgewogenen Compo- 
sitionsweise abgestreift, seinem kühnen Naturalismus kaum Halt zu 
gebieten weiss. 
Der zweite Cyclus, im Baptisterium, giebt Scenen aus dem 
Leben Johannes des Täufers. Der kleine Raum bildet ein Quadrat 
mit anstossender Apsis und ist am Gewölbe und den Wänden mit zum 
Theil wohlerhaltenen Fresken völlig bedeckt. An den Wänden sieht 
man Zacharias im Tempel, eine stark zerstörte Darstellung; darauf 
folgte wahrscheinlich seine Begegnung mit Elisabeth und auf der andern 
Seite die Geburt des Johannes, diese Darstellungen sämmtlich stark 
zerstört. Dann folgt Zacharias, der den Namen seines Sohnes schreibt, 
weiter an der Chorwand in der Bogenlaibung je drei Kirchenvater 
und Propheten; im Chor Johannes! Predigt in der Wüste, die Taufe 
Christi, Johannes vor Herodias, seine Gefangennahme, endlich auf der 
andern Seite der Chorwand die Enthauptung und auf der anstossenden 
südlichen Wand die Tochter der Herodias vor dem an der Tafel 
sitzenden Herodes erscheinend und gleich gegenüber in einer offnen 
Halle ihrer Mutter das Haupt des Täufers überreichend, während im 
Hintergrund am Abhang des Gebirges man die Beerdigung des Hin- 
gerichteten sieht. An den Gewölbkappen endlich sind die vier Evange- 
listen dargestellt. Auch hier ist zunächst auffallend, dass der Stil der 
Gewölbmalereien von dem der Wandbilder sich wesentlich unterscheidet. 
Die schwebenden Engel mit dem Medaillonbilde Gottvaters am Chor- 
gewölbe, die Kirchenvater und Propheten an der Laibung des Chor- 
bogens,_ endlich die Evangelisten am Kreuzgewölbe verrathen noch 
Lübk e, Italien. Malerei. I. 19
	        
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