Kapitel.
Die
Schule.
flofentiner
Generation.
Ershe
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aus. Sodann wurde er 1455 beauftragt, für den Dom ein Reiterbild
des Generals Niccolo da Tolentino zu malen. Es ist ein Gegenstück
zu jenem früheren Werke Uccellfs, steht demselben aber in Lebendig-
keit der Erscheinung entschieden nach.
Mit Castagno ist in eigenthümlicher Weise das Schicksal Domenico
Venez-ianois verknüpft, welcher nach Vasarfs Bericht, während beide
gemeinschaftlich in Sta. Maria Nuova malten, von jenem aus Neid und
Eifersucht ermordet wurde. Da Domenico erst 1461, also vier Jahre
__nach seinem angeblichen Mörder starb, so fällt jenes lllährchen in
Nichts zusammen; wohl aber beweist, was wir von Domenicds Kunst
noch besitzen, eine gewisse Verwandtschaft zwischen beiden Künstlern.
Von Domenico's Leben wissen wir zu wenig, um entscheiden zu
können, wem die Priorität dabei gebührt. Dass er, oder doch seine
Eltern von Venedig stammten, beweist sein Name, dass er aber seine
künstlerische Ausbildung Florenz verdankt, leidet keinen Zweifel. Aus
einem Briefe, den er 1438 an Piero de' Medici richtete, geht hervor,
dass er in näheren Beziehungen zu dieser Familie stand, und von
Cosimo Förderung erfahren hatte. Er erbietet sich für die Medici
ein Altarbild zu malen und hofft, wenn man ihm dies gestattet, etwas
Treifliches zu leisten („farvi vedere chose mcravigliose"). Wir be-
sitzen leider nur ein sicheres Bild des Meisters, das aus der Kirche
Sta. Lucia dei Magnoli in die Sammlung der Üffizien gelangt ist
und die Bezeichnung „opus dominici de Venetiis" trägt. (Fig. 85.)
Es stellt unter einer dreifachen spitzbogigen Arkade die Madonna mit
dem Kinde thronend dar, von den Heiligen Nicolaus und Lucia zur
Rechten, Johannes dem Täufer und Franziskus zur Linken umgeben.
Die Anordnung befolgt also die hergebrachte Weise, selbst die Archi-
tektur ist noch überwiegend gothisch, obwohl sich die Elemente des
neuen Stiles stark einmischen. Noch entschiedener sprechen die Ge-
stalten in ihrer völlig individuellen naturalistischen Durchbildung den
Charakter der neuen Zeit aus. Keine Spur von den typischen Gesichts-
formen der Giottisten; selbst die Madonna, die das auf ihrem Schoosse
stehende, nicht mehr in mittelalterlicher Weise bekleidete, sondern
nackte Christuskind vor sich halt, ist eine schlichte florentinische Mutter,
in welcher das rein Menschliche an die Stelle des Göttlichen tritt.
Auch wie der Knabe nach dem auf ihn hinweisenden Johannes blickt,
ist ein neuer bloss naturalistischer Zug, den die feierliche Anordnung
früherer Altarbilder noch nicht kannte. Die feine Gestalt der Lueia,
erinnert an die Anmuth eines Fiesole oder Masolino, die männlichen