Kapitel.
florentiner
Die
Schule.
Erste
Generation.
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schliesslich die Nachahmung der Wirklichkeit und die Ergründung
ihrer Gesetze im Auge haben. Am deutlichsten erkennt man dies
an den in Terra verde ausgeführten Fresken der Kreuzgänge von
Sta. Maria Novella, Welche T1446 auf Kosten eines florentiner
Privatmannes gestiftet Wurden. Sie geben Scenen aus der Schöpfungs-
geschichte und zwar zunächst die Erschaffung der Thiere, wobei des
Künstlers grosse Vorliebe für allerlei Gethier sich bemerklich macht.
Dann folgt die Erschaffung der ersten'Menschen, der Sündenfall und
die Vertreibung aus dem Paradiese, die Arbeit der Ausgestossenen,
das Opfer und die Ermordung Abels, endlich der Bau der Arche,
Wichtiger als diese Bilder ist die Darstellung der Sündfluth, wo der
Künstler bemüht War, die Schrecken der entfesselten Elemente, Blitz
und Ungewitter, Sturm und Wassersnoth auf's lebendigste zu schildern.
In der That ist das Bild angefüllt mit Scenen des Grausens: Menschen,
die sich durch Schwimmen oder zu Ross zu retten suchen; ein Andrer,
der in einer offenen Tonne dahin treibt, stemmt mit angstvollen Ge-i
berden sich mit beiden Armen auf den Rand derselben, um sich über
Wasser zu erhalten. Einer hat neben einem Bären einen sicheren
Fleck erreicht, von dem er mit Keulenschlägen einen heranschwimmen-
den Löwen vertreibt. Ganz vorne links sucht ein Jüngling auf einem
mit letzter Kraft schwimmenden Pferde sich zu retten und mit dem
Schwert sich eines mit der Keule ihn bedrohenden durch das Wasser
watenden Mannes zu erwehren. Daneben wird ein Mensch von de1'
Gewalt des Sturmwinds hart an die Wand eines Gebäudes gedrückt,
auf dessen Stufen er sich geflüchtet hat. Rechts sieht man in kühnen
Verkürzungen einen Haufen todter Leiber hingestreckt, die einen Raben
zum schauerlichen Frass angelockt haben. Vorn in der Mitte des
Bildes, ebenfalls in starker Verkürzung von hinten, ist ein Weib dar-
gestellt, das einen Greis in den Armen halt, mit dem sie den Rücken
eines schwimmenden Büffelstiers zum Sitz erkoren hat. Gleich daneben
steht wunderlicher Weise ein stattlicher Mann in langem Mantel, dessen
Füsse von einem eben Ertrinkenden umklammert werden, ohne dass
ihn alles das im Mindesten anficht. Dann wieder zeigt sich aus dem
Fenster der Arche herausgelehnt der gerettete Noah, mit mild ver-
abschiedender Handbewegung. Man muss gestehen, so trefflich alles
Einzelne dargestellt ist, so bildet das Ganze doch nur ein Gewirr zu-
sammengewiirfelter Scenen, bei denen das Streben nach allerlei per-
spektivischen Kunststücken zu absichtsvoll hervortritt, um den Be-
schauer irgendwie stimmungsvoll ergreifen zu können. In Noalfs