Kapitel.
Die
florentiner Schule.
Erste
Generation.
263
das
VOI!
verschiedenen
Seiten
Erreichte
künstlerischer
Gestaltung
zusammenfassen.
In keiner Schule Italiens wird die Umgestaltung der Malerei so
früh und so vollständig bewirkt wie in der florentinischcn. Wie in
den grossen Fresken die Menschen der Zeit in ihrer landschaftlichen
und architektonischen Umgebung als ein ganz neues Geschlecht auf-
treten, wurde schon angedeutet. Aber vielleicht noch schlagender
aussert sich der realistische Sinn in den Altarbildern. Diese sind immer
noch eine der vornehmsten Aufgaben der Malerei, und wie das Mittel-
alter in seiner Madonnenverehrung der h. Jungfrau die erste Stelle und
den Wichtigsten Platz in den Altarwerken eingeräumt hatte, so bleibt
es auch fortan bis auf Rafael, der die Madonnenidee zur höchsten
künstlerischen Form verklären sollte. Aber aus der unnahbaren Himmels-
königin jener Epoche, die vom idealen Goldgrunde, umgeben von Engel-
chören und von feierlich statuarisch angeordneten Heiligen, den an-
dächtigen Beschauer wie eine Himmelserscheinung anglälnzte, ist eine
irdische Mutter geworden, die sich liebevoll und beglückt mit ihrem
Kinde zu schaffen macht. Und das Christuskind hat das Röckchen
abgestreift, in welches die Devotion des Mittelalters es wie eine Puppe
eingehüllt hatte, und in kindlicher Nacktheit, mit den freien Bewegungen
natürlichen Lebens lächelt es die Mutter oder einen der beigeordneten
Heiligen an. Auch diese umringen nicht mehr wie ein überirdischer
Hofstaat die Herrin, sondern sie erscheinen als markige Gestalten der
Wirklichkeit, die durch bewegteren Ausdruck von Andacht, Verehrung,
Hingebung mit der Madonna in Beziehung treten. Sie werden end-
lich aus ihrer architektonischen Gebundenheit zur Freiheit malerisch-
plastischer Existenz erlöst und bieten eine unerschöpfliche Quelle künst-
lerisch fruchtbarer Motive. Ebenso werden die. Engel in's Weltliche
übersetzt, so dass sie trotz ihrer Flügel mehr wie ein Chor von
irdischen Jünglingen und Jungfrauen erscheinen, die mit freier An-
muth den Thron umgeben. Nicht selten aber verlässt die Madonna
ihren Thron und weilt mit ihrem Mutterglück in einer schönen Land-
schaft, wo die Engel sich ihr wie holde Vertraute zugesellen und die
lieblichste Idylle vollenden.
Aehnliche Umgestaltung vollzieht sich an der ausseren Form der
Altarwerke. Im Mittelalter gab es wohl einzelne grosse Altartafeln,
wie die von Cimabue, die aus einer einzigen Darstellung bestanden;
aber die Mehrzahl behielt doch die von den Byzantinern überkommene
Form des Flügelaltars (Triptychon), dessen Mittelbild von beweg-