260
Buch.
Frührenaissance.
Zweites
Kapitel.
Die
florentiner
Schula
Erste
Generation.
Florenz, schon seit Dante und Giotto der Vorort des geistigen
und künstlerischen Lebens, erreicht mit dem Anbruchder neuen Zeit
den Gipfel seiner Blüthe. Bis in den Anfang des 16. Jahrhunderts
bleibt diese Bewegung in Kraft, und erst dann tritt die Hauptstadt
Toskanaßs die Führerschaft an die Hauptstadt der Christenheit ab, als
es sich darum handelt, für das ruhmvoll Begonnene die letzten Con-
sequenzen zu ziehen, für die neugeborne Kunst die Weltbühne zu
erobern. Nicht mit Unrecht hat man das Florenz des ilfx-Jahrhunderts
mit dem Athen der perikleischen Zeit verglichen. Die leidenschaftlichen
Bürgerkämpfe, welche im 14. Jahrhundert die Stadt zerfleischten,
hatten ihren mächtigen Aufschwung nicht zu hindern vermocht; viel-
mehr war durch sie der Ueberschuss jugendlich Schäumender Energie
gedämpft, und eine Summe von geistigen Kräften entfesselt worden.
In Handel und Verkehr, in weltumfassenden kaufmännischen und in-
dustriellen Unternehmungen, in Kunst und Gewerben aller Art war die
Stadt immer höher gestiegen. Seit dem Auftreten des Humanismus
kam auch die freie Entfaltung Wissenschaftlichen Lebens hinzu. Obwohl
die Universität so glänzend ausgestattet war, dass sie über vierzig
Professoren zählte, darunter im Ausgang des 14. Jahrhunderts den
letzten grossen Juristen der alten Schule, Baldus, und später den be-
rühmten Arzt und Mathematiker Paolo Toscanelli und den Juristen
Antonio de' Minucci, erbleichten diese Lichter doch vor den neu auf-
gehenden Gestirnen des Humanismus: Poggio und Filelfo, Bruni und
Salutato, Niccoli und Traversari. Vor Allem war es der hohe Sinn
der Medici, welcher jene unvergleichliche Blüthe des geistigen Lebens