Kapitel.
der italienischen Frührenaissance.
Kultur
Die
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Und selbst diese Vorbilder gelten nur für Architektur und Plastik; erst
in zweiter Linie, durch Vermittlung der Skulptur auch für die Malerei.
So wurde die letztere von vorn herein freier gestellt, konnte sich un-
befangener der Natur als der höchsten Lehrmeisterin hingeben, Auch
diesmal sollte, wie zu Niccolo und Giovanni Pisano's Zeiten, die Plastik
der Malerei in-der Entwicklung vorausgehen.
An die grossen Namen Brunellesco, Donatello, Ghiberti knüpft
sich die Neugestaltung der Kunst. Durch sie vor Allem behauptet
auch jetzt Florenz die Führerschaft "im künstlerischen! Leben, Wie
diese Männer, erregt von dem humanistischen Drange nach der Herr-
lichkeit des Alterthums, der Florenz erfüllte, sich begeistert in das
Studium der antiken Ueberreste stürzen, wie sie in den Ruinen der
römischen Campagna monatelang verweilen, mit Nachgraben, Zeichnen,
Messen die alten Denkmäler sich zu eigen machen, so dass das Volk
sie für Schatzgräber hält; wie die blosse Kunde von Auffindung einer
antiken Statue sie so erfasst, dass sie stehenden Fusses eine meilen-
Weite Wanderung antreten, um die Herrlichkeit zu schauen, davon
und von manchem ähnlichen Zuge sind die Biographieen Vasarfs an-
gefüllt. Zur Verwirklichung sollte das neue architektonische Ideal
kommen, als Brunellesco 1420 in der Concurrenz von Baumeistern aller
Länder um den Ausbau der Kuppel von S. Maria del Fiore den Sieg
davon trug. Mit einer der riesigsten und kühnsten Constructionen
aller Zeiten sollte die neue Bauweise ihren Siegeseinzug halten in die
staunende Welt. Wie dieser grosse Meister dann für alle Haupt-
gestalten architektonischer Coneeption mustergiltige Vorbilder hinstellte,
für die fiachgedeckte Basilika in S. Lorenzo und S. Spirito, für die
kleinere Ordenskirche in der reizvollen Badia bei Fiesole, für die Central-
anlage in Kapellenform in der poetischen Oappella Pazzi und der
Sakristei von S. Lorenzo, endlich für den Profanbau in dem gigan-
tischen Palazzo Pitti und dem zierlicheren Palazzo Quaratesi, das kann
hier nur angedeutet werden.
Die Saat, die er ausgestreut hatte, verbreitete sich wie auf Windes-
flügeln über ganz Italien. Von Mailand bis Neapel drang der Einfluss
dieser edlen florentiner Architektur. Der Ruhmsinn hatte daran weit
grösseren Antheil als die Religiosität. Ihm verdanken auch die zahl-
reichen köstlichen Grabmäler ihre Entstehung, die mit den Altären,
Kanzeln, Sakristeibrunnen, Taufbecken u. dgl. Zeugniss von dem an-
muthigen Zauber ablegen, mit welchem diese jugendlich frische Kunst
das Gebiet der antiken Ornamentik aufzufassen wusste. Und bemerkens-