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Buch.
Die Frührenaissance.
hervorgegangen als Gewappnete aus dem trojanischen Ross. Bis in's
höchste Alter er starb 1460 als Neunzigjähriger war er uner-
müdlich thätig, wie er denn erst kurz vor seinem Tode die Üeber-
setzung des Strabon vollendete. Neben ihm war Giovanni Aurispa am
Hofe 'von Ferrara angestellt, freilich mehr als Grammatiker und
Sammler. Vor Allen aber ist hier der edle Vittorino da Feltre zu
nennen, der bei den Gonzaga zu Mantua mit rührender Hingabe sich
dem Unterricht der Jugend widmete. In der schönen Casa Giocosa
mit ihren Galerien, Spaziergängen und Hallen, ihren anmuthigen Höfen
und Springbrunnen, welche der Markgraf ihm als Schulhaus erbaut
hatte, erzog. der kleine freundliche Mann nicht bloss die Kinder der
Vornehmen, sondern nahm zahlreiche arme talentvolle Knaben unent-
geltlich auf, denen er neben dem Unterricht auch Bücher, Kleider
und Nahrung reichte. Wenn er dann, wie begreiflich, mit seinem
Gehalt von dreihundert Gulden nicht auskam, legte der Markgraf dem
trefflichen Manne gern das Fehlende zu. Auch die Prinzen wuchsen
unter seiner Erziehung auf, und selbst die kleine Prinzessin wetteiferte
mit ihren Brüdern im Erlernen des Lateinischen und Griechischen.
Es gehörte damals durchaus zum guten Ton an den Höfen, die fürst-
lichen Kinder in die humanistische Bildung einführen zu lassen. Auch
der grosse Federigo da Montefeltro ging aus Vittorino's Schule hervor.
'Wie überhaupt in den vornehmen Lebenskreisen die edelste Be-
geisterung für wissenschaftliche Studien immer mehr Eingang fand,
dafür giebt es kaum einen glänzenderen Beleg als Graf Pico von
Mirandola, der alle Lockungen und Genüsse der Welt verachtete, um
sich gelehrten Studien zu widmen. Er hatte auf allen Schulen nicht
bloss in Italien, sondern auch in Frankreich sich den Wissenschaften
hingegeben und galt in seiner Zeit als ein Wunder von Gelehrsamkeit.
Ausser dem Lateinischen beherrschte er auch das Griechische, und
selbst das Hebräische und die abstruse Wissenschaft der Kabbala war
ihm nicht fremd. Sein höchstes Lebensziel war, die Lehren Platons
und Aristoteles in Einklang zu bringen.
Neben den Sforza von Mailand, den Gonzaga von Mantua, den
Este von Ferrara war namentlich der Hof des Königs Alfons von
Neapel der Sitz humanistischer Bildung. Alfonso wusste den mit Ge-
walt erlangten Thron durch gewinnende Liebenswürdigkeit, durch Frei-
gebigkeit gegen Gelehrte und Künstler, aber auch durch Verbesserung
der öffentlichen Zustände, namentlich der Gesetzgebung zu befestigen.
Von seiner Kunstpflege zeugt noch jetzt der prachtvolle marmorne