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Buch.
Die Frührenaissance.
Erbtheil italienischer Gesittung, der mit dem Ruhmsinn der Renaissance
zusammenfloss und jene Welt von Monumenten hervorgerufen hat,
WGlChO die Bewunderung noch der spätesten Geschlechter sein wird.
WVas die Architekten, Bildhauer und Maler, begeistert von der neu
entdeckten Herrlichkeit der Antike, zu schaffen vermochten, erhielt
durch ihn lebendige Pflege. Aber mit demselben Eifer begünstigte er
das vielseitige wissenschaftliche Streben der Zeit, und seine weiten
kaufmännischen Weltverbindungen, die bis in den fernen Norden und
in den Orient reichten, benutzte er zur Herbeischaffung von Hand-
schriften antiker Autoren, besoldete reichlich gelehrte Abschreiber und
begründete dadurch die Bibliothek von S. Marco, die erste öffentliche
Büchersammlung der neuen Zeit. Und zugleich berief er Lehrer,
belohnte Kritiker und Dichter, ermunterte die Schriftsteller, und be-
gründete jene platonische Akademie, welche im Gegensatze zu der
vertrockneten Gelehrsamkeit der mittelalterlichen Universitäten, die
freie Wissenschaft des Humanismus pflegen sollte. Ebenso legte er
im Garten von San Marco die erste moderne Kunstsammlung an, in-
dem er antike Statuen, Büsten, Reliefs, zusammenbrachte und den
jungen Künstlern zum Studium zugänglich machte. Dort hat ein
Michelangelo die ersten Eindrücke antiker Kunst empfangen. Als sein
Sohn, der kränkliche Piero bald nach dem Vater gestorben war (1469),
trat Cosimds jugendlicher Enkel, Lorenzo der Erlauchte, in die Fuss-
stapfen des Grossvaters und setzte in demselben edlen Sinne die hohen
Bestrebungen seines Hauses fort. Durch die ersten Humanisten der
Zeit erzogen, nahm er thätigen Antheil auch an den literarischen
Bestrebungen, ja seine Sonette, Tanzlieder, Canzonen gehören zu den
besten poetischen Leistungen der Zeit. Die öffentlichen Kunstunter-
nehmungen fanden auch an ihm lebendige Förderung; man berechnete
damals, dass die Medici in wenig mehr als dreissig Jahren für Bauten,
Almosen und andre öffentliche Zwecke mehr als 663,000 Goldgulden
ausgegeben hatten, eine für jene Zeit ungeheure Summe.
Neben dieser Reihe ernster charaktervoller Männer sollte es aber der
neuen Bewegung auch nicht an einer Anzahl genial übermüthiger, leicht-
fertiger, ja vielfach nichtsnutziger Elemente fehlen, die in ihrer auf's
Aeusserste getriebenen Eitelkeit, Anmassung und Frechheit die Fahne des
Humanismus mit dem Makel inhumaner Gesinnung bedeckten. Dahill
gehört vor Allem Poggio, den man trotz seiner grossen Verdienste um
Auffindung und Verbreitung der klassischen Schriftsteller mit Recht
einen literarischen Gassenbuben genannt hat, der aber trotzdem vierzig