Kapitel.
Die Kultur
italienischen Frührenaissance.
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kirchlichen Stellung in Ausgleich zu setzen wusste. Sein Schüler war
Giannozzo Manetti, der mitfRoberto de' Rossi, Rinaldo degli Albizzi,
Palla de' Strozzi und andren zu den ersten aus altadligen ilorentiner
Geschlechtern gehörte, welche sich den humanistischen Studien hin-
gaben. Erst mit 25 Jahren war er zur Erlernung des Lateinischen
gelangt; aber um so grösser war sein Eifer, so dass er sich nur fünf
Stunden Nachtruhe gönnte, um unausgesetzt den Studien zu leben.
Ferner gehörte zu diesem Kreise Lionardo Bruni aus Arezzo, der sich
durch seine Uebersetzungen griechischer Klassiker hohes Verdienst
erwarb, und nachmals die Stelle des Staatskanzlers in Florenz bekleidete.
Oft kamen angesehene Fremde, Franzosen und selbst Spanier nach
Florenz, um den berühmten Mann nur von fern bewundern zu können,
wenn er ernst und majestätisch in seinem langen rothen Mantel durch
die Strassen schritt. Sein Nachfolger im Staatssekretariat war Carlo
Marzuppini, ein Mann von völlig antiker Gesinnung, dem trotz seines
offenkundigen Heidenthums, in welchem er Beichte und Abendmahl
verschmähte, gleich seinem Vorgänger auf der Todtenbahre noch die
Ehre der Lorberkrönung und die Bestattung in Santa Croce, dem
Panlheon florentinischen Ruhmes, zu Theil ward. Beide erhielten,
jener durch Bernardo Rossellino, dieser durch Desiderio da Settignano,
jene herrlichen Grabmaler, in welchen die Feinheit und Anmuth antiker
Ornamentik mit der grossartigen Energie florentinischer Charakteristik
sich harmonisch verbindet.
Vor Allem sind dann die Mediceer selbst zu nennen, voran der
grosse Cosimo, dem man mit Recht den Ehrennamen „Vater des Vater-
landes" gab, ein Mann von antiker Hoheit der Gesinnung. Seitdem
er 1434 aus der Verbannung zurückgekehrt war, herrschte er, mäch-
tiger und ungefahrdeter als einst Perikles über Athen, über die schöne
Arnostadt, die durch ihn hauptsächlich ein zweites Athen, ein Wunder
höchster Kulturblüthe in WVissenschaften und Künsten wurde. Das
fürstengleiche Vermögen, das ihn zum reichsten Privatmann Italiens
machte sein Vater Giovanni hatte bei seinem Tode 1428 bereits
ein Vermögen von 180,000 Goldgulden hinterlassen, sein Bruder Lo-
1'6I1Z0, der 14:40 starb, hinterliess allein über 235,000 Gillden ver-
wendete er zum öifentlichen Besten, als wären es Staatsgelder, die ihm
zur Verwaltung anvertraut wären. Nie ist ein Privatvermögen mit so
hohem Sinn für die öffentliche Wohlfahrt, für Förderung der höchsten
geistigen Interessen in Wissenschaft, Literatur und Kunst verwendet
worden. In Cosimo lebte jener mächtige Monumentalsinn, das schönste