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Buch.
Mittelalter.
Das
sitzen, dessen Formen die reichste gothische Schnitzarbeit nachahmen.
Auf ihrem Schoosse steht kecklich das unbekleidete Christuskind, nach
einem von Gentile da Fabriano entlehnten Motive. (Fig. 77.) Zwei
Engel jederseits halten an langen Stangen über ihr einen Traghimmel.
Zu beiden Seiten stehen in ehrerbietig feierlichem Abstand, mit reichen
kirchlichen Gewändern geschmückt, die wuchtigen Gestalten der vier
Kirchenvater, deren markige Köpfe und gedrungener Wuchs einen
Einfluss realistischer Auffassung verrathen. Die Scene begiebt sich
auf einer Terrasse von geschweiftem Profil, die sich aus einem Wiesen-
grunde erhebt und auf drei Seiten von einer hohen perspektivisch
gemalten vertälfelten Wand mit umlaufenden Sitzbänken umschlossen
wird. Ueber der orientalisch bunten Zinnenkrönung der Balustrade
schauen üppige Sträucher eines Ziergartens hervor. Auf keinem Bilde
der Zeit ist mit solcher Prachtentfaltung die Madonna im Charakter
einer Fürstin dargestellt. Der weiche Schmelz der Färbung und die
reichen Goldornamente verstärken den Eindruck festlicher Stimmung,
der wie ein rauschender Hymnus dies Bild durchklingt. Allen diesen
Werken ist die mittelalterliche Form der Altartafeln gemeinsam, die
durch spitzbogige Blenden und steile gothische Giebel mit Blumen und
Laubwerk abgeschlossen werden. Von andern Arbeiten dieser Künstler
nennen wir eine thronende Madonna mit sechs Heiligen in der Brera
zu Mailand Nr. 179, zart in der Färbung, aber überaus befangen in
der Formgebung, und eine andre Madonna im Oratorium S. Filippo
zu Padua.
Nach dieser Zeit verschwindet der deutsche Meister und Antonio
verbindet sich mit seinem inzwischen herangewachsenen jüngeren Bruder
Bartolonzmeo, bei dem wir dann auch den Familiennamen Vivarmi kennen
lernen. Ein Zeichen ihrer gemeinsamen Thätigkeit ist die Altar-
tafel der thronenden Madonna mit vier Heiligen, welche sie 1451 im
Auftrage Papst Nicolaus V. für die Certosa zu Bologna ausführten,
jetzt in der Pinakothek daselbst. Es ist ein Bild, in welchem sich die
Schwächen Antonios mit einzelnen energischen Spuren einer mehr
naturalistischen Kunst verbinden, die wir wohl auf den Antheil des
jüngeren Bruders setzen und dem Einflusse Donatello's zuschreiben
dürfen, der damals längere Zeit in Padua thätig war und auf die ge-
sammte Kunst Oberitaliens revolutionirend wirkte. Die Wege der
beiden Brüder scheinen sich bald völlig getrennt zu haben. Bartolommeo
gehört in seiner jüngeren Entwicklung einer späteren Betrachtung all;
Antonio verräth in einem Altarbild des h. Antonius vom Jahre 1464,