III. Kapitel.
Epoche.
Gothische
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Schöpfungen Fra Angelicds und zu den Fresken Benozzo Gozoli's im
Palazzo Riccardi. Dass der Künstler, Welcher 1423 schon ein solches
Werk schuf, nicht bei Fiesole lernen konnte, der erst dreizehn Jahre
später nach Florenz kam, sondern dass das umgekehrte Verhältniss
Statt fand, liegt auf dar Hand, In der mit grosser Zartheit durch-
geführten Modellirung, in der fast elfenbeinernen Weichheit des Fleisches
kündigen sich Züge an, die wir bei Fiesole, allerdings in höherer Ent-
wicklung, wiederfinden. Die Predella enthält in kleinen Darstellungen
die Geburt Christi und die Flucht nach Aegypten; der abschliessende
Giebel den Salvator und die Verkündigung. Das dritte Predellenbild,
die Darstellung im Tempel, befindet sich unter Nr. 202 im Louvre.
Gleich den übrigen zeichnet es sich durch gemüthvolle Innigkeit und
durch Warme, klare Färbung aus. Das Hauptbild trägt die Bezeich-
nung „Opus Gentilis de Fabriano".
Im Jahre 1425 arbeitete er ein von Vasari hochbewundertes
Altarwerk im Auftrage der Quaratesi für S. Niccolb, von welchem
aber nur die Flügelstücke in einzelnen Heiligenflguren noch vorhanden
sind. Sodann wandte er sich nach Siena und Orvieto, wo er ebenfalls
arbeitete, wie im Dom zu Orvieto ein allerdings stark zerstörtes
Madonnenbild noch bezeugt. Von da wurde Gentile nach Rom berufen,
wo Martin V. bei seinen Arbeiten zur Wiederherstellung und Verschö-
nerung der tief herabgekommenen Stadt sich auch seiner Mitwirkung
bediente. Wir erfahren, dass er um einen monatlichen Gehalt von
25 Goldgulden für den Papst arbeitete, aber weder die Tafel, auf
Welcher er seinen Gönner umgeben von zehn Kardinälen darzustellen
hatte, noch die übrigen daselbst ausgeführten Werke sind auf uns
gekommen. Eine Madonna von ihm erhielt selbst das Lob Michel-
angelds, der die Hand Gentile's seinem Namen ebenbürtig fand; Roger
van der Weyden aber, der zum Jubiläum 1450 nach Rom kam, nannte
ihn bei der Besichtigung seiner Fresken im Lateran den ersten Künstler
Italiens. Damals scheint aber Gentile schon einige Jahre verstorben
gewesen zu sein. Gegen keines Künstlers Werke ist die Zeit so
unbarmherzig gewesen wie gegen die seinen, da sie uns fast nichts
Authentisches von ihm mehr hinterlassen hat. Nur in der Brera zu
Mailand sieht man ein anziehendes Altarwerk mit der Verherrlichung
der Madonna und vier einzelnen Heiligenfiguren auf den Flügeln; es
stammt aus der Kirche der Osservanti in Valle Romita bei Fabriano.
Ausserdem können wir mit Sicherheit nur noch ein einziges bedeu-
tenderes Bild von ihm nachweisen, Nr. 130 im Museum zu Berlin,