Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1)

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Buch. 
Mittelalter. 
Das 
Innigkeit des althergebrachten Andachtsbildes haben sie hauptsächlich 
ihre Domäne. Die Vorliebe für den Goldgrund und für reichen Schmuck 
in Gewändern, Gerathen und sonstigem Beiwerk verstärkt den alter- 
thümlichen Eindruck ihrer Werke, und die weiche rhythmische Cadenz 
des Faltenwurfs verräth eine Kunst, die den Körper mehr als Symbol 
für das Innerliche als um seiner selbst willen auffasst, ihn mehr ver- 
hüllt als markirt. Aber damit mischen sich doch einige Einflüsse der 
neuen auf Naturwahrheit und lebensvolle Wirklichkeit ausgehenden 
Kunst, so dass aus allen diesen Elementen eine Richtung hervorwächst, 
die den Charakter eines Üebergangsstils hat. 
Die stillen Gegenden Umbriens, die östlichen und westlichen 
Abhange der Apenninen, die oberen Tibergegenden mit ihren Seiten- 
thälern sind der Hauptsitz dieser Kunst. Es sind dieselben Gebiete, 
wo der h. Franziskus das Vorbild religiöser Vertiefung und Gemüths- 
wärme gegeben und den Hauptsitz seines auf strenge WeltHucht be- 
gründeten Ordens errichtet hatte, wie der sinnesverwandten sienesischen 
Kunst die h. Katharina von Siena ähnlich zur Seite gegangen war. 
Sienesischen Einiluss, namentlich durch Taddeo di Bartolds Wirken 
in diesen Gegenden vermittelt, finden wir denn auch bei dem ersten 
dieser Künstler, Ottaviano (di Mart-ino) Nelli- aus Gubbio. Von ihm 
befindet sich ein Freskobild der thronenden Madonna mit musizirenden 
Engeln und zwei knieenden Donatoren, welche von ihren Schutzheiligen 
empfohlen werden, in Sta. Maria Nuova zu Gilbbio, mit der Jahres- 
zahl 1403 und dem Namen des Künstlers "Octavianus Martis Eugu- 
bianus" bezeichnet. Ueber der Madonna schwebt in kleiner Figur 
Gottvater, von einem Engelchor umringt, im Begriff, der Madonna die 
Krone aufzusetzen. Die unentwickelten, unproportionirten Gestalten 
von sehr verschiedenem Maassstab, auf demselben Plan vereinigt, auf 
einem Teppichgrunde, der die Andeutung einer realen Umgebung aus- 
schliesst, die grossen Köpfe und Hände verrathen die ganze Schwache 
dieser Kunst; aber der edle Fluss der Gewänder, die mit reicher 
Goldzierrath bedeckt sind, die blühenden Farben und vor Allem der 
holde kindlichreine Ausdruck der Köpfe verleiht dem Ganzen eine 
festliche Stimmung. Man glaubt einen prächtigen in Gold und Farben 
strahlenden Teppich zu sehen, der aber mit der Zartheit eines Miniatur- 
malers ausgeführt ist. Dass Ottaviano bei seinen Mitbürgern hoch- 
geschätzt" wurde, beweist seine Ernennung zum Consul von Gubbio im 
Jahre 1410. Von Arbeiten daselbst darf man vielleicht die Wand- 
gemälde im Chor von St. Agostino und in Sta. Maria della Piaggiola
	        
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