III.
Kapitel.
Epoche.
Gothische
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Votivbild, welches die sehr zahlreiche Familie des Stifters, von ihrem
Schutzheiligen empfohlen, vor der Madonna knieend darstellt.
Alle diese Bilder zeigen grosse Üebereinstimmung mit den Ar-
beiten des jüngeren Meisters aus der Felixkapelle. Wohl ist auch hier
die Grundlage des giottesken Stiles vorhanden, aber wenngleich nicht
so tief ergreifend wie Giotto, weiss der Künstler doch durch die reichere
Ausbildung des individuellen Lebens, durch freiere Entfaltung der
linearen, ja sogar der Luftperspektive, durch weichere Formen und
vollere Modellirung der Gestalten, endlich durch ein tieferes, reicher
abgestuftes, in satten Tönen durchgeführtes Kolorit zu fesseln. Dazu
kommt, dass hier wie in der Felixkapelle Alles in wirklichem Fresko
ausgeführt ist. Besonders die Geschichten der h. Lucia sind schön
und voll Leben, reich an naturwahrer Charakteristik, die legendarischen
Scenen mit anziehender Frische erzählt, mit reicher Anwendung archi-
tektonischer Gründe, die in richtiger perspektivischer Zeichnung dar-
gestellt sind und geschickt benutzt werden, um Nebenscenen der Haupt-
ereignisse aufzunehmen.
Die Geschichten des h. Georg an der Ostwand beginnen mit dem
Kampf gegen den Drachen, welchen der Heilige siegreich besteht,
worauf er den libyschen König zur Annahme des Christenthums be-
wegt. Es folgt die feierliche Scene, wie der h. Georg den König
sammt den Seinen tauft, eine bei allem Reichthum durch edle Klarheit
ausgezeichnete Composition. Man sieht dann, wie der Heilige, durch
Diocletian verurtheilt, den Giftbecher trinkt, aber durch göttlichen
Beistand am Leben bleibt. Ebenso vergeblich wird der Tod des Rades
gegen ihn versucht, denn Engel zerschmettern das Bad, so dass die
Stücke desselben die Henkersknechte zu Boden strecken. Als sodann
auf das Gebet Georg's sogar die Heidentempel mit ihren Götzenbildern
zusammenbrechen, wird er durch das Schwert enthauptet, eine Compo-
sition von etwas gleichgültigerem Charakter.
Gegenüber an der Westwand sieht man die Legende der h. Ka-
tharina, wie sie den heidnischen Göttern ihre Verehrung weigert, dann
die zu ihrer Belehrung herbeigerufenen Weisen widerlegt und deren
Bücher den Flammen opfert; wie man sie vergeblich gleich dem
h. Georg durch das Rad hinzurichten sucht, bis endlich das Schwert
des Scharfrichters sie tödtet. Diese leider stark beschädigten Bilder
sind grossentheils von anziehender Lebendigkeit, werden aber von den
an der untern Hälfte derselben Wand ausgeführten Scenen aus der
Legende der h. Lucia noch übertroffen. Man sieht zuerst, wie sie mit