Kapitel.
III.
Epoche.
Gothische
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die Herrscherfamilien, in Padua die Herren von Carrara, in Verona
die Scaliger, zeichneten sich durch hohen und regen Kunstsinn aus.
In Padua ist die gewaltige Kirche des heiligen Antonius ein glänzendes
Zeugniss einer Kunstblüthe, deren Anfänge noch in die Zeit der
städtischen Unabhängigkeit hinaufreichen. In Verona ist die edle Kirche
St. Anastasia, sodann Sta. Maria antica mit den stolzen Gräbern der
Scaliger ein Zeugniss dieser Kunstliebe. Während aber in diesem
Bauten der Einfluss des benachbarten Venedig sich geltend macht,
entfaltet sich hier gleichsam dicht vor den Thoren der Lagunenstadt
eine Malerei, welche sich weit von der antiquirt byzantinischen Weise
jener Schule entfernt hält, dagegen mit seltener Kraft, Tiefe und
Lebensfülle den Impulsen Giottols folgt. Die grossartigen Schöpfungen
jenes Meisters in der Arena blieben nicht ohne Nachfolge, und im
letzten Drittel des Jahrhunderts erstand hier einer der grössten Künst-
ler der Zeit, Altichiero da Zevio, wie er von einem bei Verona gelegenen
Dorfe, seinem Geburtsort, zugenannt wird, der mit einem andern aus-
gezeichneten Künstler Jacopo d'Avanzor Werke geschaffen hat, in welchen
der Stil Giotto's durch freiere und tiefere Naturwahrheit seine letzte
Vollendung erfährt. Das erste Hauptwerk dieser Meister sind die
Gemälde der Cappella S. Felice (ehemals Cap. S. Jacopo) im Santo
zu Padua, die 1372 von Bonifazio de' Lupi gestiftet und von 1376
bis 1379 mit Fresken völlig ausgeschmückt wurde. Die Kapelle bildet
ein an das südliche Scitenschiff der Kirche anstossendes Rechteck und
öffnet sich gegen dasselbe mit fünf Spitzbögen auf Säulen, welche
zugleich die Gewölbe des etwa 45 Fuss breiten und 2D Fuss tiefen
Raumes tragen. Dieser ist an den drei Wänden und den Gewölbfeldern
mit Fresken bedeckt. An der dem Eingang gegenüberliegenden Altar-
wand sieht man die Kreuzigung Christi, darüber am Gewölbe in be-
maltem Relief Christus zwischen den Evangelisten-Symbolen thronend,
an den beiden andern Gewölben vier Propheten und die vier Kirchen-
väter. In den spitzbogigen Lünetten ist die Geschichte Jacobus des
altern, an der westlichen Wand endlich die thronende Madonna dar-
gestellt, welcher der Stifter mit seiner Gemahlin von ihren Schutz-
patronen Jacobus und Katharina empfohlen werden. Die Darstellungen
der Legende beginnen an der Ostwand. Während der Abwesenheit
des Heiligen in Spanien ist die christliche Gemeinde von Jerusalem
durch die beiden Magier Hermogenes und Philetus vom Glauben
abwendig gemacht worden. Bei der Kunde von der Heimkehr des
Apostels sieht man nun die Irrlehrer sich versammeln, um ein Komplott