Kapitel.
Gothische
Epoche.
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liche Gentile hervorgehen sollte. Allegretto war sogar in Florenz an-
sässig gewesen und dort 1346 in die Malerzunftjaufgenommen worden,
kehrte aber nachher in seine Heimath zurück und starb dort 1385.
Von seinen Werken nennen wir zwei Bilder im Museum zu Berlin,
die thronende Madonna und Christus am Kreuze, liebenswürdige Ar-
beiten von zarter Empfindung, besonders die Köpfe anmuthig, das
Kolorit licht und klar, in miniaturartiger Feinheit durchgeführt, Blau
spürt deutlich einen Vorgeschmack der Weise seines Schülers Gentile-
da Fabriano. Auch die Vorliebe für reichen Goldschmuck, der Sogar
im Relief aufgesetzt ist und den Figuren durch die steifen Gewänder
etwas Puppenhaftes giebt, ohne Zweifel Nachwirkungen des Byzantinis-
mus, kehrt bei Gentile wieder. Ein Flügelbild vom Jahre 1365 im
christlichen Museumides Vatikans, ein ähnliches von 1369 im Dom
zu Macerata und noch mehrere bezeichnete und datirte Werke be-
weisen, dass man in diesen Gegenden überall aus den engen Kreisen
des Andachtsbildes und einer beschrankt lyrischen Auffassung nicht
heraus kann.
Nicht viel anders gestaltet sich um dieselbe Zeit die Malerei in
dem mächtigen Bologna. Die Universität, welche hier eine bedeu-
tende Blüthe des wissenschaftlichen Lebens mit sich brachte, mochte
wohl die Entwicklung der Miniaturmalerei in den Manuscripten bc-
günstigen; in der kirchlichen Architektur bemerkt man starke Einflüsse
des Nordens, namentlich durch die polygone Chorbildung mit Umgang
und Kapellenkranz; das Hauptwerk, die gewaltige Kirche von S. Pe-
tronio, sollte freilich erst mit Ausgang des Jahrhunderts zur Ausführung
kommen. Die Malerei ist, wie man namentlich aus den zahlreichen
in der Pinakothek aufbewahrten Bildern erkennt, eifrig gepflegt
worden, aber ohne höheren Erfolg. Auch hier zeigt die Vorliebe für
gestrichelten Goldauftrag ein Nachwirken byzantinischer Einflüsse, wah-
rend von der grossen Bewegung der toskanischen Kunst nur schwache
Anklänge zu spüren sind. So finden wir es bei einem der früheren
Meister, Namens Vitale, von welchem die Pinakothek zwei Madonnen
von 1320 und 1345 besitzt, die nicht ohne Anmuth der Empfindung
sind. Einen etwas jüngeren Meister Simon trifft man ebenfalls mit
einer Anzahl von Altarbildern in den Kirchen und der Pinakothek von
Bologna, so mit einem Crucifixus von 1370 in S. Giacomo Maggiore.
Ebendort findet man mehrfach einen dritten Meister Jacobus Pauli, der
zwar stärkere giotteske Einflüsse verräth, ohne sich darum doch über
den ziemlich niederen Horizont der andern Landsgenossen zu erheben.