Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1)

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Buch, 
Mittelalter. 
Das 
ausstreckt; gleich daneben sitzt er unter einer offenen Hütte, vom 
Aussatz bedeckt und von einer stattlichen Schaar seiner Freunde auf- 
gesucht, die ihn zur Zielscheibe für ihre weisen Vorwürfe machen. 
Den Abschluss bildet die Schilderung, wie der schwer Geprüfte 
wieder zum alten Wohlstande zurückgeführt wird. Diese überaus 
anziehenden Bilder sind allem Anscheine nach von Francesco da Volterra 
ausgeführt, der urkundlich damals für das Camposanto thätig war. Er 
stammt ohne Zweifel mittelbar oder unmittelbar aus Giotto's Schule 
und scheint schon frühzeitig in Pisa ansässig gewesen zu sein, denn 
1346 malte er ein Altarwerk für den Dom und zwölf Jahre später 
wurde er in den grossen Rath des Volkes gewählt. 
Bald darauf entstanden, ebenfalls an der Ostwand, die sechs 
Geschichten aus dem Leben des h. Raniero, die drei oberen durch 
einen Meister Andrea da Firenze um 1377 gemalt, die drei unteren 
einige Jahre später durch Antonio Veneziano, der damit 1386 zu Ende 
kam. Auch diesen Werken lässt sich die Lebendigkeit der Erzäh- 
lung, nachrühmen, welche der iiorentiner Schule eigen ist, wie denn 
ohne Zweifel beide Meister zu den Giottisten gehören. Doch verräth 
Andrea einen minderen Grad von Frische und lässt sogar einige Hin- 
neigung zu der etwas passiven Weichheit der Sienesen erkennen. Bei 
seinen Zeitgenossen freilich scheint er einen höheren Grad an Geltung 
gehabt zu haben, sofern wir dafür die bezahlten Honorare als maass- 
gebend betrachten dürfen. Denn ihm wurde für seine Bilder die 
ansehnliche Summe von 599 Lire '10 Soldi bezahlt, während Antonio 
für jedes der drei] Bilder nur 70 Gulden erhielt. Die Geschichte des 
h. Rainer, der im 12. Jahrhundert in Pisa gelebt hatte und dort hoch 
verehrt wurde, gehört zu jenen Legenden, welche das Volk sich gern 
erzählen lässt, und an denen die Malerei besonders seit Giotto einen 
beliebten Stoff für Entfaltung einer lebensvollen Schilderung der Wirk- 
lichkeit gefunden hatte. 
Die drei Bilder Andrea's, soweit man nach den Beschädigungen 
der Zeit und der Restauratoren urtheilen kann, beginnen mit einer 
anziehenden Seene, wo der Heilige als Jüngling zu einem Reigentanz 
von Jungfrauen das Saitenspiel rührt, aber von einer strengen Matrone 
unterbrochen wird, die ihn ermahnt der Weltlust zu entsagen und dem 
Beispiele des Beate Alberto zu folgen. Sogleich geht er in sich, und 
man sieht ihn vor dem Heiligen in der Vorhalle einer Kirche knieen, 
während der heilige Geist mit seinen Strahlen über ihm erscheint. 
Gleich daneben öffnet sich die Kirche, in welcher Christus selnem
	        
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