III.
Kapitel.
Gothische
Epoche.
183
planvoll in die Hand genommen, indem man an der einen Langseite
zwischen den bereits vorhandenen Bildern ergänzende Darstellungen in
Angriff nehmen licss, auf der andern aber einen zusammenhängenden
Cyclus anordnete. Gegen Ausgang des Jahrhunderts liessen die Schick-
salsschläge der Stadt das Unternehmen in's Stocken gerathen, das dann
erst später durch Benozzo Gozzoli seinen Abschluss erhielt.
Zu den früheren dieser Gemälde gehören die Passionsscenen an
der östlichen Wand, welche Vasari dem Burmamico Bufalnzaco zu-
schreibt. Diese Werke sind durch Zerstörung und Uebermalung so
stark mitgenommen, dass sie kein sicheres Urtheil über ihren Stil und
Werth erlauben. Ihnen schliessen sich die schon oben (S. 172) be-
sprochenen Darstellungen aus dem Leben der Einsiedler von Pietro
Lorenzetti an, sodann aber jene hochbedeutendcn Schöpfungen, welche
irrthümlich durch Vasari dem Andrea Qrcagna zugeschrieben worden
sind, das jüngste Gericht und der Triumph des Todes. Diese Werke
stimmen in der That so wenig mit den beglaubigten Schöpfungen jenes
Meisters überein, dass die neuere Forschung {sie ihm mit Recht ab-
gesprochen hat. Wenn Crowe und Cavalcaselle mit der diesen For-
schern eigenen Behutsamkeit sie den Brüdern Lorenzetti zusprechen
möchten, so lässt sich allerdings Manches für diese Ansicht geltend
machen, ohne dass sie darum doch völlig überzeugende Kraft gewönne.
Sicherlich ist mehr Sienesisches als Florentinisches in diesen Bildern.
Das eine derselben enthält eine ausgedehnte Darstellung des
Jüngsten Gerichts und der Hölle, den entsprechenden Bildern in Sta.
Maria N ovella wohl verwandt, aber doch mit einer Menge neuer eigen-
thümlicher Züge. Auf der Darstellung des Jüngsten Gerichtes
sieht man in zwei grossen mandelförmigen Medaillons oben den Erlöser,
welcher seine Wundmale zeigt, und neben ihm die Madonna mit
sanfter Neigung des Hauptes, die Linke wie betheuernd auf die Brust
gelegt. Beide Gestalten, in reich geblümte Mäntel gekleidet, haben
unverkennbar etwas von dem weichen Schönheitsgefühl der sienesischen
Kunst. Neben ihnen schweben Engel mit den Marterwerkzeugen, und
unter diesen thronen auf Wolken die grossartig charakterisirten Ge-
stalten der Apostel. Zwischen den beiden Medaillons sieht man eine
Gruppe von Engeln, von denen zwei in die Posaunen des Gerichts
stossen, während ein andrer zwei Spruchbänder mit dem „K0mmet
her" und „Weichet von mir" hält, ein vierter zusammengekauert den
Mund mit der Hand verschliesst, wie im Schreck über die kommenden
Dinge. Unter ihnen am Boden sieht man die Gräber sich öffnen und