Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1)

Kapitel. 
III. 
Epoche. 
Gothische 
179 
bleiben. In der Stilrichtung den Lorenzetti verwandt, bleibt er an 
Kraft der Phantasie erheblich hinter diesen zurück, überrascht aber 
doch zuweilen durch eigenthürnlich poetische Züge. 
Eins seiner frühesten Werke ist die aus S. Paolo in Pisa in die 
Sammlung des Louvre gelangte Altartafel der thronenden Madonna, 
welche in den beiden Seitenabtheilungen je zwei Heilige enthält. Es 
sind durchweg Gestalten von einer gewissen Feierlichkeit in edel ent- 
wickelten Gewändern, der blaue Mantel der Madonna mit Gold auf- 
gehöht, in den Köpfen noch ein letzter Nachklang des byzantinischen 
Typus, das Verhältniss der Figuren übertrieben schlank. Im Jahre 
1397 führte er in einer Kapelle an der Nordseite des Chors von 
S. Francesco zu Pisa Wandgemälde aus dem Leben der h. Jungfrau 
aus, mit der Verkündigung an der Fensterwand beginnend, mit Tod, 
Grablegung und Himmelfahrt der Madonna schliessend. Auch hier ist 
etwas feierlich Strenges und doch zugleich Anmuthiges in den Gestalten. 
Am merkwürdigsten ist der Besuch der Apostel bei der Madonna. 
Man sieht in einer offenen Halle die h. Jungfrau im Kreise der Apostel 
sitzen, die auf Bänken ringsum Platz genommen haben. Andre Heilige 
kommen in drangvoller Eile durch die Lüfte geflogen, um sich an der 
Versammlung zu betheiligen. Eine der merkwürdigsten Compositionen, 
voll jener poetischen Züge, an welchen die sienesische Kunst reich ist. 
Wir erinnern an das originelle Altarbild Simone Martinfs, wo der 
heilige Nährvater dem Jesusknaben liebevolle Vorwürfe macht, dass er 
die Eltern verlassen; erinnern an Lorenzettfs Fresken im Rathhause, 
an den sicher ebenfalls auf sienesische Hand hinweisenden Triumph 
des Todes im Camposanto zu Pisa und andres der Art. 
Eine Madonna vom Jahre 1400 im Spedale zu Siena, ein iiguren-  
reiches grosses Altarwerk mit der Himmelfahrt Maria im Dom zu 
Montepulciano von 1401, mehrere Altarbilder von 1403 in der 
Akademie zu Perugia und in S. Agostino daselbst (hier eine Aus- 
giessung des h. Geistes, steif angeordnet und dabei übertrieben im 
Ausdruck), eine Geburt Christi in der Kirche der Servi zu Siena 
vom Jahre 1404 (4. Kap. rechts), ein Freskencyclus im Dom zu 
S. Gimignano, mit Paradies und Hölle, letztere in der widerwärtigen 
Phantastik, welche jene Zeit bei solchem Gegenstande verlangte, sind  
Beweise von der rastlosen Thätigkeit Taddeds, aber auch von der 
immer grösseren Flüchtigkeit, in welche seine handfertige Kunst ver- 
fiel. Den noch vorhandenen Kontrakten zufolge scheint er niemals 
mehr als zwei Monate Zeit selbst für die umfangreichsten Werke ge-
	        
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