Kapitel
Epoche.
Gothische
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den Kasteiungen und den unter göttlichem Beistand errungenen Siegen
über die Dämoncnwelt in gemüthlicher Weise geschildert wird. Von
einer Composition in höherem Sinne ist dabei nicht die Rede, da viel-
mehr die ganze Darstellung in eine Anzahl von Episoden zerfällt. Von
den Tafelbildern des Meisters ist das in der kleinen Kapelle von
S. Ansano beiSiena vom Jahre 1329 das älteste. Es enthält die
thronende Madonna neben St. Nicolaus und Antonius, in zartem lichtem
Ton durchgeführt und in feierlicher Haltung. Ganz im Charakter der
sienesischen Schule ist das Fürstliche der Erscheinung besonders be-
tont und die vier Lilien-haltenden Engel, welche hinter dem Throne
erscheinen, verstärken" den Eindruck eines fürstlichen Hofstaats. Das
Streben nach Vornehmheit spricht sich auch hier ganz im Charakter
der Schule durch die überschlanken Figuren, die langen schmalen
Hände und Finger, die enggeschlitzten Augen aus. Nur bei dem Christ-
kinde durchbricht ein Zug naiver Lebenslust die feierliche Würde.
In den Uftizien zu Florenz sieht man wiederum eine thronende Ma-
donna des Meisters von 1340, ebenfalls von vier Engeln umgeben, ein
Bild von etwas kräftigeren Formen; sodann von 1342 eine anziehende
Geburt der Maria in der Sakristei des Domes von Siena, ein Bild
von fast Horentinischer Lebendigkeit.
Der jüngere Bruder iälnzbvrogio ist ohne Frage der bedeutendere
von beiden, eine tiefsinnige und poetische Natur, dabei von anziehender
Weichheit und zugleich voll Hoheit im Ausdruck. iVon seinen Lebens-
verhältnissen wissen wir nicht viel; die früheste Nachricht datirt von
1324, und die letzte von 1345. Möglich, dass beide Brüder von der
grossen Pest des Jahres 1348, Welcher der fünfte Theil der Einwohner
zum Opfer fiel, hingerafft wurden. Seine frühesten Arbeiten scheinen
Wandgemälde in S. Franeesco zu Siena gewesen zu sein, die 1331
ausgeführt wurden und wegen ihrer Lebendigkeit und des Reiehthums
an poetischen Zügen, mit welchen sie den Lebenslauf eines Franziskaner-
mönchs schilderten, die Bewunderung der Zeitgenossen erregten. Nur
geringe Reste sind davon erhalten. Von einem Altarbilde, welcheser
1342 für Florenz malte, finden sich ebenfalls nur geringe Reste in
der Sammlung der Akademie daselbst. Es schildert die Darstellung
im Tempel mit einefgewissen ernsten Feierlichkeit und in überaus
warmer, zart verschmolzener Färbung; den Hintergrund bildet ein
grosser achteckiger Kuppelbati, offenbar unter Einfluss der Domkuppel
Arnolfo's.
Die bedeutendsten Werke Ambrogids sind die. ausgedehnten