III.
Kapitel.
Epoche.
Gothische
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noch die dunklen Töne der Byzantiner ohne besonders kräftige Model-
lirung, die Empfindung aber hat durchweg eine unvergleichliche Innig-
keit. Aus demselben Jahre stammt eine für S, Domenigg zu Orvigto
gemalte Madonna, jetzt in der Opera del Duomo aufgestellt, ein
Werk von ähnlicher Haltung und gleichem; Verdienst. Auch in Nea-
pel hat sich ein Altarbild des Meisters erhalten und zwar in einer
Kapelle von S. Lorenzo Maggiore. Hier sieht man die kolossale
Figur des h. Ludwig, Bischofs von Toulouse, der seinem neben ihm
knieenden königlichen Bruder Robert die segnende Hand auf das ge-
krönte Haupt legt. Auf der-i Prcdella wird in kleineren Bildern die
Geschichte des Heiligen erzählt. Ferner sieht man in den Uffizien zu
Florenz eine für den Dom von Siena gemalte Verkündigung vom
Jahre 1333, welche Simone mit seinem Schwager Lippe Memmi aus-
geführt hat, die aber durch Restauration beschädigt ist. Aus dem
Jahre 1342 stammt ein interessantes Bild in der öffentlichen Galerie
zu Liverpool mit der merkwürdigen Darstellung, wie die Madonna
und Joseph dem zwölfjährigen Christus Vorwürfe machen, dass er [sie
verlassen habe. (Fig. 63.) Endlich sind aus Dijon vier kleine Tafeln
in das Museum von Antwerpen gelangt, welche in zarter Empfindung
und bei allen Mängeln der Form mit lebendigem Ausdruck die Ver-
kündigung, in zwei besondern Tafeln die Kreuzigung und die Kreuz-
abnahme auf Goldgrund enthalten. Wenn Giotto mit seiner gewaltigen
Kraft der grossartigen Strenge eines Dante geistesverwandt erscheint,
so erinnert dagegen Simone's Wesen in seiner Weichheit an die Em-
pfindsamkeit des ihm befreundeten Sängers der Laura.
Von Simonels Schwager Lippe Memmi, den wir schon mit ihm
gemeinsam thätig fanden, besitzt das Museum zu Berlin ein bezeichnetes
Madonnenbild, das in der Auffassung und den schwärzlichen Schatten im
Fleisch stark byzantinisirt. Abgesehen von einigen andern Altarbildern
erhielt er im Jahre 1317 den Auftrag, im Rathsseiale des Palazzo Pubblico
zu S. Gimignano ein grosses Wandbild auszuführen. Er machte sich
die Sache leicht, indem er im Wesentlichen das Bild seines Schwagers
aus dem Rathssaal von Siena wiedergab. In klarem Kolorit durch-
geführt, erinnert das Bild in überraschender Weise an eine in monu-
mentalen Maassstab übertragene Miniatur.
Neben Simone treten sodann die Brüder Pietro und Anzbmgio cli
Lorenzo oder Lorenzetti als bedeutende Meister hervor. Der ältere ist
offenbar Pietro, den wir von 1305 bis 1342 verfolgen können, Er
macht in seinen Werkenßeinen alterthümlichen Eindruck rund scheint