Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1)

III. 
Kapitel. 
Epoche. 
Gothische 
167 
giebt die Anekdote ein ergötzliehes Zeilgniss, nach welcher Lorenzo 
dem mit dem Mittagsmahl kommenden Gehülfen sagte: „Stelle die Suppe 
nur hin, ich will erst noch einen Heiligen malenß  Verwandte Rich- 
tung verrathen die Fresken in der Jaeobskapelle des Doms zu Prato, 
welche Scenen aus der Legende des Jaeobus und dem Leben der 
h. NIargaretha enthalten.  
Der zweite in der Reihe ist Lorenzds Sohn Bicci 0h" Lorenzo, 
der 1373 geboren wurde, sich 1418 Verheirathete und 1452 Starb, 
Von seinen überaus zahlreichen Arbeiten, die Vasari erwähnt, ist das 
meiste untergegangen. Es genüge, auf ein jetzt in den Uffizien be- 
Hndliches Bild hinzuweisen (im ersten Corridor Nr. 18), welches um 
1429 für den Dom ausgeführt wurde. Es stellt die Heiligen Cosmas 
und Damianus dar, würdige Gestalten mit edel fliessenden Gewändern, 
im Charakter dem Fiesole verwandt, nur ohne dessen Innigkeit und 
mit schweren dunkelbraunen Schatten in den Köpfen.  Sein Sohn end- 
lieh, Nerz? di Bicci, war bis 1475 thatig in fabrikmässiger Herstellung 
massenhafter Altarwerke, die ihn mitten in einer von neuen An- 
schauungen bewegten Zeit im gedankenlosen Schlendrian des giottesken 
Stiles erstarrt zeigen. Die Sammlung der Akademie besitzt nicht 
weniger als drei Verkündigungen von ihm, davon die eine 1459, die 
andre sogar 1464 datirt, WVerke von ziemlich flauem, unerfreulichem 
Charakter. 
Sienesen. 
Während das ganze übrige Italien von den Werken Gi0tto's und 
seiner Schüler und Nachfolger angefüllt wurde, verharrte allein die 
Schule von Siena auf ihren selbständigen Wegen, ja sie erlebte grade 
in dieser Epoche den Gipfel ihrer Blüthe und trat, wenn auch nicht 
an Kraft und Umfang, so doch an innerer Bedeutung als eine würdige 
Nebenbuhlerin der florentinischen Kunst auf. Es war eine glänzende 
aber kurze Zeit des Aufschwungs, der schon im 15. Jahrhundert ein 
Nachlassen, ja ein beginnender Verfall ein Ende machte. Mancherlei 
äussere und innere Umstände kamen zusammen, um grade hier den 
Geist mittelalterlicher Devotion zur zartesten künstlerischen Blüthe sich 
entfalten zu lassen. Wenn sich Florenz in seinem breiten, von Bergen 
umkränzten Arnothal immer gewaltiger ausdehnte und durch die rast- 
lose Betriebsamkeit und den kühnen fortstrebenden Geist seiner Bürger-
	        
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