III.
Kapitel.
Epoche.
Gothische
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von Aquin erkennt, dazu allegorische Gestalten von Tugenden; dies
Alles auf blauem goldgestirntem Grunde. Auf den Eingangspfeilern
sieht man St. Dominikus und nochmals St. Thomas und am Bogen die
vier Kirchenvater.
Dass die berühmten Gemälde im Campo Santo zu Pisa, welche
man ehemals dem Orcagna zuschrieb und von denen später die Rede
sein wird, nicht von ihm herrühren, ist jetzt allgemein anerkannt, Ein
andrer bedeutender Cyclus, dessen Urheber wir nicht nachzuweisen
vermögen, sind die Gewölbmalereien in der Incoronata zu Neapel.
An den Gewölben sind hier acht grosse Bilder angebracht: die Kirche
mit ihren sieben Sakramenten. Auf dem ersten Bilde sieht man die
Kirche als eine jugendliche weibliche Gestalt in weitem Priestermantel,
in der Hand den erhobenen Kelch haltend. Ueber ihr ragt Christus
empor, neben ihr aber sieht man die Apostelfürsten, sodann andre
Heilige und zwei Könige, ohne Zweifel aus der Familie der Anjou.
Die übrigen Felder sind der Darstellung der Sakramente gewidmet,
und zwar hat der Künstler nicht zu frostigen Allegorieen, sondern zu
Scenen des wirklichen Lebens gegriffen. Er giebt uns in frischer
Anschaulichkeit den Eindruck der Segnungen der Kirche, naiv und
lebensvoll bei der Taufe und der Firmung, erschütternd bei der Busse,
wo die Gestalten der mit Kapuzen verhüllten und mit Geisseln ver-
sehenen Büsser ergreifend wirken. Auch die übrigen Scenen sind voll
treffender Züge. Bei der Ehe (Fig. G1) führt er uns ein jugendliches
Fürstenpaar vor, begleitet von charaktervollen Männern und anmuthigen
Jungfrauen. Bei der letzten Oelung sieht man einen sterbenden Greis
mühsam von einer Frau aufrecht gehalten, rings die Verwandten mit
dem Ausdruck inniger Theilnahme. Grosse Lebendigkeit und dabei
doch einfache Klarheit der Composition zeichnet diese Bilder aus.
Unverkennbar ist das erfolgreiche Streben nach Charakteristik und
nach bedeutsamer Hervorhebung des Moments. Die Farbenwirkung ist
kräftig, Eintheilung und Benutzung des Raumes glücklich, das indi-
viduelle Leben der Gestalten aber ziemlich gering, so dass man schon
desshalb nicht an Giotto denken kann, welchem früher diese Werke
zugeschrieben wurden; aber der Einfluss seines Stils und seines Wir-
kens in Neapel tritt deutlich hervor. Da die Kirche erst lange nach
Giottds Tode von der Königin Johanna zur Feier ihrer Vermählung
mit Ludwig von Tarellt (1347) gestiftet Ward, so stehen auch die histo-
rischen Nachrichten jener Annahme im Wege. Ob der Urheber jener
Hubertus de Oderisio aus Neapel gewesen ist, welcher sich auf einer