Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1)

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Buch. 
Mittelalter. 
Das 
Ohne die Naturerkenntniss wesentlich zu erweitern, strebte er doch 
mit glücklichem Erfolg nach neuer Belebung des schon conventionell 
gewordenen Stiles, nach freierer malerischer Perspektive und grosser 
Feinheit eines in klaren Tönen durchgeführten Kolorits. Vor Allem 
aber wird durch Innigkeit der Empfindung und seelenvolle Anmuth 
der herbe Charakter der "iiorentinischen Kunst geschmeidigt. Den 
sichersten Ausgangspunkt für die Beurtheilung seiner Kunst bietet das 
Altarbild der Cappella Strozzi in Sta. Maria Novella, mit seinem 
Namen und der Jahreszahl_1357 bezeichnet. In fünf spitzbogigen 
Abtheilungen zeigt es auf Croldgrund in der Mitte die feierliche Ge- 
stalt Christi in dunkelblauem Mantel, umgeben von anbetenden und 
musizirenden Engeln. Er reicht mit der Rechten dem knieenden und 
von der Madonna im zweiten Felde empfohlenen Thomas von Aquin 
ein Buch, mit der Linken dem ebenfalls knieenden Petrus, hinter 
welchem sich Johannes der Täufer zeigt, den Schlüssel, den dieser mit 
dem Ausdruck tiefster Ehrerbietung empfängt. Besonders grossartig 
ist der gelbe Mantel des Apostels. Neben Petrus erscheinen Laurentius 
und Paulus, neben Thomas St. Michael, etwas steif in der Bewegung, 
und die h. Katharina. Sammtliche Gestalten sind grossartig empfunden 
und stilisirt, dabei das Ganze in lichten Tönen mit grosser Sorgfalt 
ausgeführt.  
Üngleich bedeutender erscheint jedoch der Künstler auf den drei 
grossen Fresken, mit welchen er nebst seinem Bruder Bernardo die 
Wände dieser Kapelle geschmückt hat. Dem Eingangs gegenüber 
sieht man das jüngste Gericht auf einem durch das schmale Spitz- 
bogenfenster getheiltcn Raume. Oben über dem Fenster erscheint auf 
dunkelblauem Grunde Christus, umgeben von den zu beiden Seiten 
niederschwcbenden Engeln, welche theils in die Posaune stossen, theils 
die Leidenswerkzeuge halten. Neben Christus, mild und fürbittend, die 
Madonna im weissen Gewande, und Johannes in ziegelrothem Mantel. 
Dicht daneben in zwei Reihen geordnet die Apostel auf Wolken thro- 
nend, edle, markige Gestalten. Unten sodann Patriarchen, Propheten 
und Heilige sowie Johannes der Täufer in leidenschaftlicher Erregung. 
Weiter sieht man die Verstorbenen aus den Gräbern steigen und von 
einem Engel und einem Teufel in Empfang genommen. Das ganze 
Bild ist voll Schönheit, doch tritt auch das Element des Charakteristi- 
sehen, namentlich in den Gestalten der Verdammten, bedeutsam her- 
vor. (Fig. 59.)  An der rechten Wand hat nach Vasari's Angabe 
Bernardo die Hölle gemalt, ein höchst unerquiekliches Bild, worin
	        
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