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Buch.
Das
Mittelalter.
Hauptwerk sind die Passionsscenen, mit welchen er den Kapitelsaal
von S. Francesco zu Pisa bis zum Jahre 1392 schmückte. In zwölf
Bildern mit fast lebensgrossen Figuren schildert er das Leiden und
die Verklärung des Herrn vom Abendmahl bis zur Ausgiessung des
h. Geistes. Beim Abendmahl befolgt er Giotto's Anordnung aus der
Arena und vertheilt die Jünger auf beide Hauptseiten des Tisches, so
dass die eine Hälfte dem Beschauer den Rücken zuwendet. Von würde-
voller Schönheit ist Christus, der an der einen Schmalseite im Profil
dargestellt ist, an seiner Brust den Lieblingsjünger haltend. In der
Fusswaschung findet sich eine Anzahl bedeutender Köpfe. Das Gebet
in Gethsemane, der Judaskuss, die Geisselung und die Kreuztragung
sind ebenfalls ergreifende Compositionen, besonders aber die grosse
Kreuzigung, die freilich wie das Üebrige stark beschädigt ist. Die
Kreuzabnahme und Grablegung zeichnen sich durch ausdrucksvolle
schmerzliche Bewegung aus, die Auferstehung ist grossartig und die
Erscheinung bei den Marien im Garten von inniger Zartheit der Em-
pfindung, höchst feierlich vor Allem aber die Himmelfahrt Christi.
Durchweg sind die Züge seelenvoll bewegt, die Formen einfach und
mächtig, das Ganze gehört zu den feierlichsten Schöpfungen dieser Art.
Sodann rühren von seiner Hand die Wandgemälde im Kapitelsaal von
S. Francesco zu Prato. Man sieht an der Hauptwand eine leider
stark zerstörte Kreuzigung von edlem Charakter, besonders ausdrucks-
voll der Kopf Christi. Auf den Seitenwänden Scenen aus dem Leben
des h. Antonius von Padua und des Evangelisten Matthäus, geschickte
aber etwas oberflächliche Arbeiten, bei welchen wohl eine starke Mit-
Wirkung von Gehülfenhanden anzunehmen ist. Denselben Meister
darf man auch in den ausgedehnten Wandbildern erkennen, welche die
südliche Wand der Sakristei von Sta. Croce bedecken. Unten in
der Mitte die Kreuzigung in der herkömmlichen Darstellung, aber mit
einer ganz besonderen Innigkeit des Ausdrucks, so dass man fast an
eine andre Hand denken möchte; daneben links die Kreuztragung,
etwas wirr angeordnet und nicht sehr glücklich bewegt, rechts die
Auferstehung, wo die feierliche Gestalt Christi von den schlafenden
Kriegern mit ihren etwas seltsamen Stellungen sich würdig abhebt;
oben ein dreieckiges, dem Dachstuhl entsprechendes Feld mit der
Himmelfahrt Christi, wobei die Gestalt des Erlösers zwar minder glück-
lieh, der Ausdruck, der ihm sehnsüchtig nachschauenden Apostel aber
recht gelungen ist. Auch hier gewährt das Ganze einen hohen deko-
rativen Reiz, denn der blaue Grund ist mit Ornamentstreifen von grosser