Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1)

Kapitel. 
Gothische Epoche. 
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den Wogen umtobt zusammen, und wie athemlos streckt er um Ret- 
tung flehend die Hände gegen Christus aus, der in unvergleichlicher 
Hoheit wie ein Fels im brandenden Meere dastehlß 
Von dem für denselben Kardinal ausgeführten Altar-werke sind 
genügende Bruchstücke in der Sakristei von St Peter erhalten, 
um ebenfalls von der Bedeutung des Meisters Zeugniss abzulegen. 
Man sieht auf der Vorderseite Christus, von Engelchören umschwebt 
und von dem knieenden Stifter verehrt. Üeber Christus erscheint das 
Brustbild Gottvaters, mit Weltkugel und Himmelsschlüssel, von Pro- 
pheten in Medaillons eingefasst. Von seinem Munde geht ein zwei- 
schneidiges Schwert aus. Zu beiden Seiten sind die Martyrien der 
Apostelfürsten dargestellt, die sich durch dramatisches Leben und 
Energie des Ausdrucks auszeichnen. Auf der Rückseite sieht man die 
grossartige Gestalt des h. Petrus thronend zwischen zwei Engeln, ver- 
ehrt von zwei durch ihre Schutzheiligen empfohlenen Pralaten, von denen 
der eine ohne Zweifel Kardinal Stephaneschi, der andre wahrscheinlich 
Papst Bonifaz VIII. ist. Bedeutsam ist hier die individuelle Auffassung 
der Bildnisse. Auf den Predellenstücken sieht man die edle Gestalt 
der thronenden Madonna, umgeben von den Aposteln. Die Sorgfalt 
und Feinheit der koloristischen Durchführung zeigt den Meister hier 
schon auf der vollen Höhe seines Schaffens.  Das in der Laterans- 
Basilika vorhandene Bruchstück jenes Wandbildes aus der Vorhalle 
schildert Bonifaz VIII, wie er, von zwei Geistlichen umgeben, auf dem 
Balcon der Basilika erscheint, um das Jubiläum des Jahres 1309 zu 
verkündigen. Auch hier zeigt sich Giotto höchst bedeutend in Aus- 
prägung individueller Charaktere. 
Giotto scheint nun nach Florenz zurückgekehrt zu sein und jene 
Gemälde in der Magdalenenkapelle des Bar gelle ausgeführt zu haben, 
die neuerdings in sehr beschädigtem Zustande wieder aufgedeckt 
wurden. Weniger interessiren uns hier die Geschichten der h. Mag- 
dalena oder das jüngste Gericht an der Eingangswand, als die Dar- 
stellung des thronenden Christus im Paradiese, weil in diesem Werke 
ein Moment der damaligen Florentiner Geschichte verewigt worden 
ist. Nach heftigen Kämpfen, mit welchen die Parteien der Weissen 
(Cerchi) und Schwarzen (Donati) die Stadt erschüttert hatten, War 
derselben durch den Lcgaten Ürbans VIIL, Kardinal Acquasparta, der 
Friede mit Karl von Valois als Schirmherr aufgezwungen worden. 
Desshalb erscheint in dem Bilde unten rechts die elegante ritterliche 
Figur Karls von Valois, links der Kardinal, hinter welchem mehrere
	        
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