III.
Kapitel.
Gothische Epoche.
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gern mit ihm verkehrt habe, um sich an den geistvollen und witzigen
Antworten des Künstlers zu erfreuen.
Im Jahre 1334; wie es Scheint, kehrte er nach Florenz zurück
und wurde von den Behörden in ehrenvollster Weise mittelst Dekret
vom 12. April zum Obermeister aller städtischen Bauten, namentlich
des Werkes von Sta. Maria del Fiore, ernannt. Wie hoch er von
seinen Landsleuten geschätzt wurde, erhellt genugsam aus dem Text
Jener denkwürdigen Urkunde, darin es heisst: in Erwägung, dass
siehe Unternehmungen nicht ehrenroll und würdig durchgeführt werden
nnten, wenn nicht ein sachverstandigei" und berühmter Mann an die
Spitze gestellt werde; da ferner auf der ganzen Erde keiner zu finden
sei, der hierzu wie zu vielen andern Dingen geeigneter sei als Meister
Giotto, der in seinem Vaterlande wie ein grosser Meister zu empfangen
und hochzuhalten sei, und da, man ihm Aufträge ertheilen müsse, damit
er hier seinen bleibenden Aufenthalt nehme, wodurch seine Wissen-
schaft und Kunst möglichst Vielen zu Gute kommen und der Stadt
zu nicht geringer Zierde gereichen werde, so übertrage man ihm die
Oberleitung des Dombaues, die Errichtung und Vollendung der Stadt-
mauern und Befestigungen und aller andern öffentlichen Werke mit einem
angemessenen Gehalt, das man näher zu bestimmen sich Vorbehalte.
Nur zwei Jahre dauerte diese Thätigkeit Giotto's, da er schon 1336
starb; aber von der Energie und der hohen architektonischen Be-
gabung des Meisters zeugt noch jetzt der Glockonthurm, der nach
seinen Plänen ausgeführt wurde. Ja auch als Meister in der Bild-
hauerkunst bewährte er sich dabei, da der plastische Schmuck dieses
herrlichen Baues zum Theil von seiner Hand, jedenfalls aber nach
seinen Zeichnungen ausgeführt wurde.
Von den Lebensverhältnissen Giotto's ist uns im Üebrigen nicht
viel bekannt; wir wissen nur, dass er verheirathet war und sechs
Kinder hatte. Das von seinem Vater ererbte kleine Gut in Vespig-
nano vergrösserte er durch weitere Ankäufe. Manche Anekdoten, die
über ihn schon früh im Umlauf waren, zeigen ihn als einen witzigen
schlagfertigen Mann von Geist und Einsicht, ja von einer Verstandes-
schärfe, welche schon etwas Modernes hat. Ob das Einzelne dabei
historisch sei, lässt sich nicht feststellen; jedenfalls aber galt er bei
seinen Landsleuten für einen Mann, dem man dergleichen wohl zu-
trauen könne. In dem merkwürdigen Gedicht über die Armnth, welches
wir von ihm besitzen und das durch Rumohr an's Licht gezogen Ward,
zeigt er sich als einen Mann von merkwürdiger Schärfe der Beobach-