Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1)

Kapitel. 
III. 
Epoche. 
Gothische 
107 
der sich als der erste wahrhaft moderne Mensch erhebt und durch 
die Macht seiner Persönlichkeit und die leidenschaftliche Liebe zum 
lalassischen Alterthum der mittelalterlichen Weltanschauung- den Todes- 
stoss versetzt. Man kann sagen, dass mit seiner Diehterkrönung auf 
dem Capitol die neue Zeit beginnt. Und in anderer Weise zeigen sich 
dieselben Tendenzen in Cola di Rienzi, dessen allerdings phantastischem 
Auftreten die glühendste Liebe zum klassischen Alterthum und das 
Gefühl der freien Persönlichkeit zu Grunde liegt. Und als stärksten 
Ausdruck der allgemeinen Stimmung, durch welche diese grogggn Er- 
seheinungen hervorgerufen und getragen werden, dürfen wir die merk- 
würdige Thatsache verzeichnen, dass als Cola nach dem Fehlschlagen 
seiner politischen Plane des Hochverraths angeklagt wurde, die zu 
seiner Verurtheilung eingesetzte Commission von Kardinalen ihn frei- 
sprach, weil er ein Dichter und durch diese Thätigkeit geheiligt sei. 
Das Alles sind Züge einer tief erregten Subjeetivität, Vorboten eines 
neuen Lebens, von welchen man um diese Zeit im ganzen Norden 
noch keine Ahnung hat. 
Dasselbe Gegengewicht, Welches wir hier der speciiisch mittel- 
alterlichen Auffassung gegenübertreten sehen, bekundet sich nun auch 
in den Schöpfungen der Kunst. Dass die Architektur am stärksten 
von den aus dem Norden empfangenen Einflüssen bewegt wird, ist 
leicht zu verstehen. S0 hinreissend muss die Ueberlegenheit der 
gothischen Architektur auf die damaligen Italiener gewirkt haben, dass 
sie sogar wiederholt fremde Künstler beriefen, wenn es galt, bedeutende 
Werke auszuführen. Bei S. Franeesco zu Assisi ist dies, wie wir 
sahen, bezeugt; ebenso später heim Dom zu Mailand. Aber so ent- 
schieden empfand man doch schon damals in Italien die Berechtigung 
der eignen Anschauung, dass gleich beim ersten dieser Gebäude, eben 
bei jener Kirche des h. Franziscus, bedeutende Umgestaltungen im 
Sinne südlicher Auffassung dem fremden Meister auferlegt wurden. 
Der klare, aus der Antike hervorgewachsene und an ihr selbst unbe- 
wusst genährte Sinn Italiens verlangte einfachere, übersichtlichere 
Raumgestaltung, breite behagliche Ausdehnung UIICI massige Höhen- 
entwicklung, Vereinfachung der übergrossen Detailfülle und vor Allem 
weite Flächen an Wänden und Gewölben, um für die monumentale 
Malerei Raum zu behalten. Dies Alles sind Züge, welche der gothischen 
Architektur viel von ihrer mystischen Phantastik rauben, indem sie das 
Bauwerk den schlichteren Ordnungen der einheimischen Basilika näher 
bringen; auch die Vorliebe für Holzdecken oder offne Dachstühle,
	        
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