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Vorwort,
künstlerischen Schöpfungen oft in ein einziges Wort zusammendrängt und,
obwohl nur auf die in Italien befindlichen YVerke beschränkt, für die Er-
kenntniss der gesammten italienischen Kunst eine kaum zu entbehrende An-
leitung gewährt.
Wie weit es n1ir nun gelungen ist, den gewaltigen Stoff zu bemeistern
und in knappe, dabei lebensvolle Form zu bannen, mögen diejenigen beur-
theilen, welche die Schwierigkeit einer solchen Aufgabe zu ermessen im Stande
sind. Ich habe aus eigener Anschauung meine Eindrücke und Urtheile ge-
schöpft, so dass fast ausschliessliclm, in allen wichtigen Fällen ausnahmslos,
meine Darstellung auf den vor den Kunstwerken niedergeschriebenen Aufzeich-
nungen beruht. Gleichwohl bin ich weit entfernt, meine Auffassung als die
alleinrichtige hinzustellen. In Beziehung auf feste objektive Gültigkeit ihrer
Aussprüche muss die Kunstgeschichte sich überhaupt behutsam zurückhalten.
Nie wird sie die Bestimmtheit und Allgemeingültigkeit gewinnen, welche der
Naturwissenschaft in ihren Untersuchungen zu erreichen möglich ist. Was
der Menschengeist geschaffen, trägt so sehr das Gepräge subjektiven Empfin-
dens, dass es auch in der Würdigung der stärksten individuellen Färbung
ausgesetzt ist. Gilt dies weit weniger im Gebiet der Architektur und Plastik,
weil dort eine messbare und greifbare Formenwelt vor uns hintritt, so ist es
um so entschiedener bei den Schöpfungen der Malerei der Fall, die mit ihrem
Farbenreiz, mit dem Spiel von Licht und Schatten ein täuschendes Spiegelbild
der WVirklichkeit auf die Fläche wirft. Wer öfter demselben Gemälde zu
verschiedenen Zeiten seine Aufmerksamkeit gewidmet und die jedesmaligen
Eindrücke vor dem Bilde zu iixiren gesucht hat, wird oft die Erfahrung ge-
macht haben, Wie sehr die verschiedenen Phasen der eigenen Entwicklung
dabei zu Modificationen selbst im Urtheil führen. Dazu kommen noch alle
jene äusseren Zufälle, die durch Ort und Zeit, Gunst oder Ungunst der Be-
leuchtung, körperliche und geistige Disposition des Betrachtenden hervorgerufen
werden, so dass ein objektives Urtheil mehr als irgendwo erschwert wird.
Und rechnet man dazu noch die Unbill, welche die Zeit und die Hand der
Menschen so oft an den Werken der Malerei ausgeübt haben, so begreift man,
wie bescheiden wir bei der Beurtheilung der vHandschriftc der Meister sein
müssen, wie behutsam und zurückhaltend wir mit dem Aussprechen von
Urtheilen sein sollen, die doch nur das Ergebniss subjektiv bedingter Wahr-
nehmungen sind. Und so dürfte sich's wohl als ein Verkennen der Gränzen
kunstgeschichtlicher Betrachtung herausstellen, wenn man, wie es neuerdings
manchmal den Anschein gewinnt, die objektive Bestimmtheit naturwissen-
schaftlicher Erkenntniss auch auf diesem Felde erreicht zu haben wähnt.
Besondere Sorgfalt habe ich auf Auswahl und Herstellung der Illu-
strationen verwandt. Da dieselben aber begreiflicher Weise nur eine Anzahl
bezeichnender Beispiele herausgreifen können, so zähle ich die wichtigsten
bildnerischen Hülfsmittel auf. Abgesehen von den zahlreichen Galeriewerken