Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1)

Kapitel. 
Epoche. 
Gothische 
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allwärts verbreitet, reagiren noch einmal die germanischen Bestand- 
theile im südlichen Volksthum zu Gunsten eines fremden Stilen Be- 
zeichnend genug, dass Rom allein sich völlig frei davon erhält, nicht 
bloss weil es zugleich die Zeit des päpstlichen Exils ist (1307-1377), 
sondern vielleicht mehr noch, weil hier die antike Abstammung, An- 
schaumig und Üeberlieferung im Wege stand. 
Die allgemeinen Kulturverhaltnisse begünstigten diese germanische 
Strömung. Schon seit dem 13. Jahrhundert bemerken wir den Be- 
ginn einer Umgestaltung des gesammten Lebens, der zunächst in den 
politischen Zuständen sich ausspricht. Die kaiserliche Macht, ermüdet 
durch den fortwährenden Kampf mit dem überlegenen Papstthum, 
räumt das Feld, und Heinrich VII. , der Lützelburger, ist der letzte 
deutsche Kaiser, der noch einmal in Italien seine kriegerische Ueber- 
macht, freilich zu eignem Verderben, zur Geltung bringt (1312). Wohl 
blieben im ganzen Lande die Parteien der Guelfen und Ghibellinen 
auf dem Kampfplatz und erschütterten noch lange durch ihre er- 
bitterten Fehden die Ruhe der Stadte; aber ihre Namen bezeichneten 
nicht mehr den ursprünglichen Gegensatz der Päpstlichen und Kaiser- 
lichen, sondern waren nur ein zufälliger Ausdruck für das unersätt- 
liche Bedürfniss nach Factionen und Zwisten. Inzwischen hatten in 
einer grossen Anzahl von Städten, namentlich Oberitaliens, einzelne 
Gewalthaber die politische Verwirrung benutzt und sich zu Selbst- 
herrschern aufgeschwungen. Die Bürgerschaft, durch das Parteitreiben 
ermattet, liess sich diese Tyrannis gefallen, selbst wenn sie durch jede 
Art von Grausamkeit und Willkür, wie bei dem berüchtigten Ezzelin, 
sich furchtbar machte. Die Städte hatten durch Iilandel und Ge- 
werbe solchen Reichthum erlangt, dass Egoismus und Wohlleben sich 
immer mehr ausbreitete und vielfach Gleichgültigkeit gegen die poli- 
tischen Angelegenheiten herbeiführte. 
Aber selbst wo fortwährende Partei- und Verfassungskämpfe das 
öffentliche Leben erschütterten, vermochten dieselben doch nicht den 
mächtigen Aufschwung der Städte zu hindern. Wir sehen dies vor 
Allem an Florenz, welches während des 14. Jahrhunderts unablässig 
von Fehden durchwühlt wurde, wo bald die eine, bald die andere 
Partei die Übermacht erhielt und dann die Unterliegenden in grausamster 
Weise durch Todesstrafen oder durch Verbannung und Confiscation 
wie bei Dante verfolgte. Trotz alledem stiegen Macht und Blüthe 
der Stadt unaufhaltsam. Nie war unsere Stadt, sagt Macchiavelli, 
blühender und glücklicher als zu dieser Zeit, reicher an Menschen,
	        
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