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Buch.
Mittelalter.
Das
Jünglinge zeigen einen so hohen Schönheitssinn, wie weder vor noch
lange Zeit nach ihm er bei irgend einem Andern anzutreffen ist. Die
Technik endlich verräth noch die ganze Sorgfalt und Zierlichkeit der
Byzantiner, sowie ihre reiche Anwendung von Gold und Ornamenten.
Auf der Predella giebt er in 18 Bildern Scenen aus der Geschichte des
Erlösers vor und nach seinem Leiden, beginnend mit der Verkündigung,
schliessend mit dem Tode und
X ßfx der Beerdigung seiner Mutter.
F h, N So ist das Bild denn der Gipfel-
K s ' s, I, punkt dessen, was die damalige
X K I , m] XN Kunst irgend zu erreichen ver-
iv I. 1 W yppixx mochte, und Wohl durfte der
wxä 1;; " Künstler auch in der schönen
X {b 7- w N Inschrift ein Zeugniss seiner in-
f 47 , K, l nigen Empfindung "aussprechen:
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J N , 1' l x i mutter Du, Sei Siena Grund der
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halt, Weil er so Dich hat ge-
(b! K. malta.)
I! Wir haben damit die Kunst
l K "X der romanischen Epoche bis zu
x 5 Kb .3 , ihrem Abschluss verfolgt. Werfen
wir einen Rückblick, so fanden
wir in der ersten Hälfte dieses
ßieno.
Fig. 38. Aus Duccids Altarwcrk in Siena.
altchristliche Tradition wie die
byzantinischen Einflüsse von Verwilderung aller Art überwuchert. Aber
schon seit der Mitte des 12. Jahrhunderts beginnt jene mächtige Be-
vsiegung, in welcher die Nation sich aufrafft und rasch eine bedeutende
Höhe der Kultur erreicht. Sie bildet sich ein Ideal, das sie mit nach-
drücklicher Kraft in künstlerischen Werken ausspricht. Sie bedarf dazu
eines neuen Zurückgreifens auf die Tradition, eines Anknüpfens an die
byzantinische Üeberlieferung, deren technisches Verfahren ihr die uner-
lässliche Grundlage darbot. Zugleich kamen ihr aus der Plastik eines
Niccolo Pisano Anregungen antiker Kunst, deren Einfachheit und