Volltext: Geschichte der Italienischen Malerei vom vierten bis ins sechzehnte Jahrhundert (Bd. 1)

Buch. 
Mittelalter. 
Das 
herbeirief. Schon Giunta Pisano hatte hier gemaltpCimabue folgte 
ihm, und Giotto, der hier seine Schule machte, sollte den unabseh- 
baren Cyclus durch seine höchst bedeutenden Werke abschliessen. 
Aber ausser diesen Hauptmeistern sind ohne Zweifel noch eine Menge 
anderer Künstler thätig gewesen, so dass die Kirche die Entwicklung 
der Malerei Mittelitaliens von der Mitte des 13. bis in die zwanziger 
Jahre des 14. Jahrhunderts darstellt. Was Cimabue betrifft, so soll 
er zuerst in der untern, dann in der oberen Kirche gemalt haben, wo 
die Gewölbebilder und die Scenen aus dem. alten und neuen Testament 
zwischen den Fenstern ihm zugeschrieben werden. Soviel sich von 
diesen sehr verbliebenen Gemälden noch erkennen lässt, zeichnen sie 
sich durch lebendige Kraft der Erzählung und durch manche ergrei- 
fende Züge von Ausdruck vor allen Arbeiten der früheren Kunst aus. 
Der Stil erinnert wohl in Einzelheiten noch an die byzantinische Tra- 
dition, aber ein neues Naturgefühl und eine freie dramatische Leben- 
digkeit beginnt die Formen und Gestalten zu bewegen. Bei der Geburt 
Christi sind sowohl die jubilirenden Engel, als besonders die erstaunt 
emporblickenden Hirten voll naiver Anmuth. Bei dem Besuch der 
frommen Frauen am Grabe Christi tritt neben der Grossartigkeit der 
wachthaltenden Engel die Naturwahrheit der schlafenden Soldaten an- 
ziehend hervor. Bei der Grablegung und Beweinung Christi über- 
rascht die reiche Abstufung im Ausdruck der Trauer. (Fig. 34.) Man 
sieht sogleich, es ist eine Kunst, welche im Begriff steht, die typischen 
Fesseln des Herkommens abzustreifen, und einen offenen Blick auf 
Leben und Natur zu werfen. Wenn dagegen die vier Evangelisten 
am Chorgewölbe in byzantinischer Starrheit verharren, so mag dies 
aus dem Charakter der Aufgabe sich erklären, und wenn ebendort die 
vier Kirchenvater eine freiere Entwicklung zeigen, so dürfte sich darin 
ein Fortschritt über Cimabue hinaus verrathen. 
Dass der Meister in der That für gewisse Aufgaben das feierlich 
Repräsentative des byzantinischen Stils festhielt, beweist eins seiner 
spätesten Werke, die kolossale Majestas, d. h. der thronende Welt- 
heiland zwischen Maria und Johannes dem Evangelisten in der Haupt- 
apsis des Doms zu Pisa. Es ist noch in herkömmlicher Weise auf- 
gefasst und in musivischer Technik ausgeführt, grandios in der Wirkung 
und von feierlichem Ausdruck, der Mantel ganz von Gold starrend 
mit zahlreich hineingezeichneten farbigen Falten. Cimabue erhielt, 
laut den noch vorhandenen Rechnungen, während er an dem Bilde 
arbeitete, für sich und seinen Diener täglich zehn Soldi, die unter ihm
	        
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