Buch.
Mittelalter.
Das
Heinrich VI. vom Jahre 1195, dessen Illustrationen grosse Verwandt-
schaft mit gleichzeitigen deutschen Arbeiten erkennen lassen; so ferner
in einem aus Oberitalien stammenden Werke, einer Chronik des Klosters
della-Trinita bei Verona vom Jahre 1170, jetzt in der Bibliothek des
Vatikans, wo die frisch bewegten Reiterschaaren, die Kampfscenen
und andres mit naiver Lebendigkeit gezeichnet sind. An andren Orten,
namentlich in der Nähe von Venedig, verrathen sich dann doch wieder
stärkere byzantinische Einflüsse, wie in einem 1170 von einem Priester
Ysidorus vollendeten Evangeliencodex des Doms zu Padua, und ebenso,
nur noch gesteigert, in einem prachtvollen Missale desselben Domes,
welches 1250 von einem dortigen Priester Johannes ausgeführt wurde.
Diese wenigen Beispiele mögen genügen, um zu zeigen, Welches
Schwanken zwischen den verschiedensten Einßüssen auch damals noch
die italienische Kunst beherrschte. Es war ein Eklekticismus, in Wel-
chem die Antike und die altchristliche Tradition mit dem byzantinischen
Stil und selbst mit Anklängen an die Kunst des Nordens sich paarte,
ohne doch zu einer Verschmelzung im Sinne eines neuen Stiles sich
durchzukämpfen. Noch War das eigne Geistesleben der Nation nicht
hinreichend erstarkt, um zu originaler Neubildung des Stiles zu ge-
langen. Nicht ganz so bunt gemischt ist der Eindruck der monumen-
talen Werke, vor Allem der Mosaiken. Hier musste allen Einsichtigen
und strebenden die byzantinische Malerei so hoch überlegen in tech-
nischer Sicherheit und fester Ausbildung der Typen erscheinen, dass
man sich aufs Neue dieser Lchrmeisterin gefangen gab, zumal die
grossartigen Schöpfungen in S. Marco wieder glänzend genug für sie
zeugten. So schuf im Jahre 1207 ein Meister Solsemus an der Facade
des Doms von Spoleto über dem mittleren Radfenster ein grosses
Mosaikbild, Welches Christus zwischen Maria und Johannes thronend
darstellt. (Fig. 32.) Hier ist die byzantinische Schule in tüchtiger
Auffassung und gediegener Technik, in der feierlichen Haltung und
den zierlich durchgebildeten faltenreichen Gewändern unverkennbar;
aber Christus hat nicht mehr das Greisenhafte, sondern ein edel männ-
liches Antlitz, und bei Maria und Johannes deutet die sanfte Neigung
des Kopfes auf das Streben nach bewegterem Ausdruck.
Viel strenger und herber ist der Byzantinismus bei einem Pisaner
Meister, der einen gewissen Ruf genossen zu haben scheint, da er
auch für Assisi thätig war. Juncta oder Gizmta Pisano, der schon
1210 als Meister vorkommt, 1236 für den Nachfolger des h. Franziscus
in Assisi ein grosses Krucifix malte und noch 1255 in Pisa am Leben