Kapitel.
Epoche.
Byzantinisch-Rornanische
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massig vertrat, 1222, Neapel 1224, Rom 1250, und weiterhin schlossen
sich Pavia, Treviso, Pisa, Perugia, Siena und andere an. Die Ver-
fassung dieser Universitäten war eine rein republikanische; Rektoren,
Dekane, Syndici Wurden von den Studenten selbst, die freilich meist
Männer in reiferen Jahren waren, gewählt; die städtischen Behörden
mischten sich nicht ein, wie denn auch die Professoren keine festen
Gehälter bezogen, sondern von den Honoraren ihrer Zuhörer lebten.
Ein mächtiger Impuls des Wetteifers und des Ehrgeizes belebte diese
aufblühenden ersten Freistätten der Wissenschaft. Neben den theo-
logischen, juristischen, medicinisehen Facultäten war die jetzige philo-
sophische als Facultät der sieben freien Künste schon von Anfang
vorhanden.
Inzwischen hatte das erwachte Nationalgefühl auch in der Poesie
seinen Ausdruck gesucht und, die Fesseln der mittelalterlichen Latinität
abstreifend, sich durch die Laute der einheimischen Volkssprache ver-
ständlich gemacht. Die ersten poetischen Bestrebungen knüpfen sich
an den sicilianischen Königshof, wo die provenzalischen Troubadours
Aufnahme gefunden hatten und eifrige Nachahmung fanden. Der geist-
reiche und hochsinnige Hohenstaufe Friedrich 11., sowie seine unglück-
lichen Söhne lllanfred und Enzio und sein berühmter Kanzler Petrus
de Vineis wetteiferten in Ausübung dieser edlen Kunst. Aber schon
im Ausgang des 12. Jahrhunderts hatte der erste italienische Dichter,
den die Literaturgeschichte verzeichnet, Ciullo d'A1cam0, in einem
Mischdialekt seine Poesien abgefasst, in welchem das Italienische nur
einen Bestandtheil neben dem Latein, dem Provenzalischen, Spanischen,
Französischen und selbst dem Griechischen ausmacht. Nach Auflösung
des sicilischen Dichterkreises flüchtete sich die Poesie an die Univer-
sität Bologna, wo der noch von Dante wegen des Wohllauts seiner
holden Verse gerühmte Guido Guinicelli sich als Dichter hervorthat.
Allein erst Guido Cavalcanti befreite die Poesie von jenem rßherell
sicilischen Stil und gab ihr ein neues Ausdrucksmittel in der edlen
Sprache Toscanafs, welches dann durch den grössten Dichtergenius
des Mittelalters, Dante Alighieri, zur höchsten Vollendung geführt
wurde.
So sehen wir auf allen Gebieten ein frisches, fröhlich aufstreben-
des Leben, ein jugendliches, heroisches Kraftgefühl, das sich in der
neuerstandenen italienischen Nation geltend macht. Wie hätte die
Malerei zurückbleiben sollen? War sie doch recht eigentlich dazu
bestimmt, den christlichen Ideenkreisen zum vollen Ausdruck zu ver-