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Das
Mittelalter.
diese Tendenz zur Concentration; und wenn in Deutschland die Hart-
näckigkeit partikularistischer Gesinnung manchen schweren Zwischenfall
herbeiführte: über all dem Sonderleben der Stämme thronte doch als
allgemein anerkannte Macht das Kaiserthum. Ganz anders in Italien.
Hier hatte in der Zerrissenheit der Verhältnisse, in den Kämpfen
zwischen der Hierarchie und dem Kaiserthum sich früh schon das
Bedürfniss geltend gemacht, sich in scharf ausgeprägtem Lokalsinn
gegen einander abzuschliessen. Der individuelle Sondergeist ging so
weit, dass er nicht in der Bildung grösserer Territorien, wie in Deutsch-
land, sich genügte, sondern jede einzelne Stadt, und zwar von der
grössten bis zu der kleinsten herab, wurde ein Ausdruck dieses Strebens.
Während in Frankreich und Deutschland die Kultur noch durch die
Bisthiimer, die grossen Abteien, die mächtigen weltlichen Vasallen
repräsentirt wurde, und das Bürgerthum verhältnissmässig spät auf den
Schauplatz tritt, ist in Italien der Beginn eines neuen Lebens, einer
höheren Civilisation an die Städte geknüpft. Es waren antike Remi-
niscenzen, welche sich darin ankündigten, und welche in der Raths-
Versammlung selbst der kleinsten Stadt ein Nachbild des römischen
Senates erblickten.
Die Sinnesweise des Italieners, die das auf persönlicher Anhäng-
lichkeit und Treue beruhende deutsche Lehnsverhältniss nie verstanden
hatte, sprach sich in einer mehr praktisch verständigen Auffassung der
politischen Zustände aus. Derselbe kraftvolle Realismus, welcher schon
in antiker Zeit bei den Römern zu einer mustergültigen Ausprägung
des Rechtsbegriffs und des gesammten Rechtslebens geführt hatte,
wirkte in den Italienern in fast unverminderter Kraft nach. Schon
bei Gelegenheit der Kreuzzüge im 12. Jahrhundert waren Franzosen,
Engländer, Deutsche überrascht von der Umsicht, Mässigung, Klugheit
der Italiener, deren Mitwirkung bei den Verhandlungen mit den Orien-
talen sie unentbehrlich fanden. Ohne Frage hatte sich die angeborne
Gewandtheit dieses hochbegabten Volkes durch den Handelsverkehr
mit der Levante, zu welchem schon die geographische Lage antrieb,
auf's höchste entwickelt. Noch jetzt sind alle technischen Ausdrücke
des kaufmännischen Lebens dem Italienischen entlehnt, ein Beweis,
dass sich dort am frühesten die ganze geschäftliche Praxis mit allen
ihren Feinheiten ausgebildet hatte, wie denn die Italiener das Geld-
und Bankwesen früher als irgend eine andere Nation geregelt haben.
Das alles sind Züge, die sich weit von der schwärmerischen Phantastik
des Nordens entfernen.