Kapitel.
Epoche.
Byzantinisch-Romanische
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typisch feierlicher Erscheinung darstellt. Ein Nachklang derselben
Anschauungsweise findet sich ferner in der nördlichen Seitcnapsis des
Domes Zu Triest, Welches; ähnlich dem Dom zu Torcello, die thro-
nende Madonna und darunter einen Fries mit den zwölf Aposteln ent-
hält. Man sieht hier überall die Zeugnisse des immer stärker hervor-
dringenden Madonnenkultus. Aus S. Cipriano auf Muyano dstajjnmt
endlich das, durch König Friedrich Wilhelm IV. in die Apsis der
Friedenskirche zu Sanssouci bei Potsdam versetzte Mosaikbild, welches,
abweichend von jenen andern, den segnenden Heiland zwischen Maria,
und Petrus, Johannes dem Täufer und S. Cyprianus darstellt, ein
tüchtiges Werk vom Anfang des 12. Jahrhunderts.
Periode.
Von 1175-
4300.
Noch im 11. Jahrhundert fanden wir Italien den nordischen Län-
dern, namentlich Deutschland in jeglicher Civilisation, wissenschaftlichem
und künstlerischem Leben weit nachstehend. Dies Verhaltniss sollte
sich im Laufe des 12. Jahrhunderts völlig umgestalten. Italien hatte
allmählich die schlimmen Folgen der inneren Zerrüttung, des allge-
meinen sittlichen und intellektuellen Verfalls überwunden. Nach den
Jahrhunderten der Verwilderung, der stürmischen Gahrung hatte sich
ein Zustand herausgebildet, der uns den Geist der Nation in rascher
Erhebung zeigt. Die Mischung mit germanischen Elementen, welche
das Land besonders in Oberitalien bis nach Toskana hinein erfahren
hatte, War nunmehr zu einem Ausgleich gekommen; ein neues Volks-
thum bildete sich, in welchem die in Schlaifheit übergegangene Eigen-
art dieses alten Kulturvolkes durch Zusätze des frischen Naturells
germanischer Elemente neue Lebenskraft empfing. Es ist bezeichnend
für diese Verhältnisse, dass fortan nicht mehr Rom der Ausgangspunkt
für die künstlerischen und Wissenschaftlichen Fortschritte ist, sondern
dass Toskana und Oberitalien die Führerschaft übernehmen.
Aber die Eigenart dieser neuen italienischen Kultur unterscheidet
sich weit von der des Nordens. Die germanischen Völker in Deutsch-
land, Frankreich und England hatten ihr Nationalgefühl gewonnen,
indem sie sich einer staatlichen Einheit unterordneten, die zwar nicht
überall sogleich vorhanden war, aber doch den Zielpunkt der politischen
Bewegung ausmachte. Frankreich namentlich zeigte am deutlichsten