II. Kapitel.
Byzantinisch-Bomanische Epoche.
musivische Bilder mit J agdscenen, Thieren aller Art, Pfauen, Schwänen,
Löwen, Tigern 11- dglv von Prachfvollster Wirkung und hohem deko-
rativem Reiz.
Mit dem Ausgang des 12. Jahrhunderts erlischt, wie es scheint,
diese glänzende Kunstpflege, ohne irgend auf das benachbarte Festland
einen Einfluss zu gewinnen. Etwas anders verhält es sich mit der
zweiten byzantinischen Enklave auf italienischem Boden, die zwar eben-
falls fast insularisch abgeschlossen liegt, aber doch stärkere Einwir-
kungen auf ihre Umgebung äusserte. Es ist Venedig. Hier hatte
seit dem Beginn des '11. Jahrhunderts der Neubau von S. Marco den
Anbruch eines glanzvollen künstlerischen Tages bezeichnet. Aber
während die Normannen auf Sicilien sich nur für die malerische Aus-
stattung griechischer Künstler bedienten, wurde bei der Marcuskirche
sogar der architektonische Plan von Byzanz entlehnt, der dortige
Üentralbau sammt den Kuppelwölbungen herüber genommen. Und so
erhob sich die Kirche mit ihren fünf hochragenden Kuppeln aus den
Lagunen, wie eine Fata Morgana die phantastischen Prachtwerke des
Orients spiegelnd. Mit dem Aufgebot höchster Kraft wurden alle
Wände und Pfeiler des gewaltigen Werkes um den Backsteinkern mit
lilarmor bekleidet; alle Wölbungen aber, die fünf Kuppeln, die drei
Apsiden, die sämrntlichen Tonnengewölbe und Gurtbögen mit Mosaiken
umhüllt. An der Ausführung dieses ungeheuren Gesammtdenkmals der
venezianischen Kunst, des Palladiums der unter dem Schutze des h. Mar-
cus stehenden Republik, hat das ganze Mittelalter zu thun gehabt, und
selbst Tizian und seine Schule fand noch Gelegenheit, dabei mitzu-
wirken.
Ursprünglich waren es Maler und Mosaicisten aus Byzanz, welche
man in solcher Zahl berief, dass sie dauernd eine eigene Corporation
in Venedig bildeten, neben welcher erst spät eine einheimische Maler-
gilde aufkommt. Der Einfluss dieser Byzantiner, welche die ausge-
bildete, fertige Kunst ihrer Heimath und die volle technische Routine
mitbrachten, War so stark und nachhaltig, dass die venezianische Malerei
bis tief in's 14. Jahrhundert seine Spuren zeigt. Der kolossale, eine
Flache von über 40,000 Quadratfuss bedeckende Bilderschmuck war
nach einem Wohl durchdachten Plan angelegt. In der oifnen Vorhalle,
Welche nach drei Seiten den Bau umzieht, sind es Geschichten des
alten Testamentes, die auf das Innere vorbereiten: Arbeiten eines der-
beren naiven Charakters, am wenigsten byzantinisirend,"vielleicht erst
im 13. Jahrhundert. ausgeführt. Im Innern breitet sich sodann das