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an den Hof Karl I. von England erhielt und auch in der kurzen
Zeit von sechs Monaten mehrere historische Bilder für den Festsaal
im Palast von Whitehall, so wie einige Bildnisse ausführte. Reich
belohnt nach Utrecht zurückgekehrt, trat er in die Dienste des
Prinzen Friedrich Heinrich von Oranien, für den er besonders in
den Schlössern im Busch in der Nähe des Haags und zu Ryswick
viele Bilder malte. Auch für den König von Dänemark führte er
eine Reihe von Bildern aus der dänischen Geschichte aus. In
seinen späteren Jahren legte er sich vornehmlich auf die Bildniss-
malerei, und wurde in diesem Fach, sowohl von dem Hof jenes
Prinzen von Oranien, als von dem grossen Kurfürsten von Bran-
denburg vielfach beschäftigt. Er starb im Jahr 1662. Bei einer
erstaunlichen Leichtigkeit im Hervorbringen ist die Anzahl seiner
Bilder ausserordentlich gross. Sie verbreiten sich über das Gebiet
der heiligen und Profangeschichte, der Mythologie, der Allegorie
und des Genres. Seine Auffassung ist zwar ungleich mehr dem
jedesmaligen Gegenstande angemessen, als die seines Vorbildes
Michelangelo da Oaraveggio, huldigt indess ebenfalls jenem sehr
derben Realismus, welchen ich mit den Italienern 'Naturalismus
nenne. Auch fehlt seinenBildern, wie sehr sie sich auch durch
eine oft geschickte Anordnung, eine gute Zeichnung, eine vortreff-
liche Haltung, eine ausserordentliche Kraft und Klarheit von Licht-
elfekten, endlich eine meisterliche Behandlung geltend machen, zu
sehr an Adel und Wärme des Gefühls, um länger zu fesseln. Ja
bisweilen verfällt er gradezu in Gemeinheit und in den Lichtern
seiner Naclitstücke in einen unangenehmen, sehwefelgelben Ton.
Sehr merkwürdig ist, dass, während alle seine übrigen Bilder mit
einer, seinem Vorbilde sich annähernden Freiheit und Breite be-
handelt sind, seine Portraite in der Regel noch, in einer gewissen
Glätte und an Härte grenzenden Bestimmtheit der Formen, an die
Weise der vorhergehenden Generation erinnern. Seine ganze Kunst-
weise hat in Holland wenig Nachfolge gehabt. Gute Beispiele für
seine Art der Auffassung biblischer Gegenstände bei Nachtbeleuch-
tung, sind Christus vor Pilatus, wahrscheinlich das für den Mar-
chese Giustiniani gemalte, schon von Sandrart gepriesene, Bild in
der Sammlung des Herzogs von Sutherland in London, und die
ebenfalls aus der Sammlung Giustiniani stammende Befreiung Petri
aus dem Gefängniss, im Museum zu Berlin, N0. 431. Dass er in
allegorischen Darstellungen ganz in der geschmacklosen YVeise seiner