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Buch.
Kapitel
eine genaue Kenntniss des Kostüms und der von ihm fleissig stu-
Jdirten Architektur zu Tage legte. Am wenigsten gelangen ihm
Gegenstände aus dem biblischen Bilderkreise. Seine Köpfe werden
in dem zu sichtlichen Bestreben der Nachahmung des antiken
Schönheitsprofils, einförmig, und sind überdem meist kalt im Gefühl.
Bein Bestreben nach Grazie der Bewegung führte ihn öfter zum
Gesuchten. In den Proportionen seiner Figuren ist er meist zu
kurz, in den Falten seiner Gewänder herrscht dagegen meist ein
gewählter Geschmack, und in der Haltung öfter eine feine Luft-
pgerspektive. In der Färbung ist er häuüg kalt, und wenn warm,
doch meist etwas schwer. In'der sehr verschmolzenen Ausführung
endlich ist er fleissig und von grosser Meisterschaft. Weit auf der
Mehrzahl seiner Bilder sind die Figuren nur klein. Seine ganze
Knnstweise hat er auch in verschiedenen Schriften gelehrt, welche
lange Zeit in den Kunstakademien als Lehrbücher benutzt worden
sindß Im Louvre sind einige Bilder von ihm, welche ihn in
seinen verschiedenen Richtungen zeigen. Am günstigsten erscheint
er in demzRundtanz eines Bacchanten mit sechs Kindern, No. 265.
In den Gestalten herrscht eine fröhliche Lebenslust, die Beleuch-
tung ist warm, die Vollendung sehr delikat. In der entschieden
genreartigen Auffassung der lebendigen Köpfe, dem klaren und
warmen Ton eines Herkules am Scheidewege, No. 266, erkennt
man einen vorübergehenden Einfluss der holländischen Schule. Ein
Abendmahl, No. 263, ist dagegen im Gefühl sehr frostig, in der
Farbe schwer. Besonders charakteristische Bilder in seinem Sil-
berton sind die Ernennung des Kaisers Alexander Severus als
Knaben zum Caesar, No. 480, und Achill von Thetis in Styxwasser
getaucht, No. 481, im Museum zu Berlin. Das beste, mir bekannte
Bihiwdes Meisters in derselben Richtung ist jedoch der Tod des
Gälmanißllßi N0-K603, in der Gallerie zu Cassel. Dass er 9.11011
gelegentlich ein sehr gutes Portrait in Lebensgrösse gemalt, zeigt
das Kniestück eines Mannes, ebenda No. 604. Es ist edel aufge-
fasst und warm kolorirt. Er hat auch eine grosse Zahl von Blättern
mit einer leichten Nadel radirt, deren viele zu Illußtrafiürlen seiner
Lehrbücher dienen. 1
Unter den Künstlern, welche in dieser Epoche in Belgien die
1 Das Hauptwerk ist
't Groot Schilderboek,
tot Amsterdam 1712.
2 Theile,