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Kapitel.
doch schlichten Auffassung, jenen gelblichen und durchsichtigen Lo-
calton des Fleisches. Beispiele dieser Art sind das im ersten Jahr
"seines Aufenthalts zu Rom gemalte Bildniss des Kardinals Benti-
voglig im Palazzo Pitti zu Florenz und das 1624 bezeichnete, treff-
liche, irrig Wallenstein genannte, Bildniss in der Sammlung des
Fürsten Lichtenstein zu Wien. Durch das Studium der grossen
italienischen Maler gelangte er allmälig zu einer edleren und feine-
ren Auffassung der Formen. In der grösseren Tiefe der Färbung,
namentlich "in dem bräunlichereu Fleisehton, erkennt man den Ein-
Huss des Giorgione uhd Tizian. Dieser Art ist die Verzückung des
heil. Franciskus in der Gallerie zu Wien, und ein männliches
Bildniss mit der Linken am Griffe des Degens im Louvre, N0. 153.
Einen ganz eigenthümlichen Charakter verrathen seine, in Genua
gemalten, Bilder. Die Formen der Köpfe haben durch eine gewisse
Vereinfachung etwas ungemein Edles, der etwas gegen das Röth-
liche spielende Ton des Fleisches hat öfter etwas Dichteres und
minder klares, als in anderen, Bildern des Meisters. In den An-
zügen walten Schwarz und ein tiefes Purpurroth vor, die Gesammt-
wirkung endlich hat etwas sehr Gesättigtes und Feierliches. Die
Hanptbeispiele dieser Art sind die Bildnisse der Familien Biignole
und Durazzo in deren Palästen in Genua. 1 Unter den in, England
befindlichen aus dieser Epoche nenne ich nur drei Kinder in der
Sammlung des Grafen de Grey inLondon, als besonders anziehend.
Seine nach seiner im Jahr 1626 erfolgten Rückkehr nach Antwerpen
gemalten, historischen Bilder haben in "vollem Maasse jene oben ge-
rühmten Eigenschaften, leiden aber häufig in den Schatten an einem
schwerbraunen Ton, eine Folge des Malens auf einem dunklen
Grunde von Bolus, welches er leider, nach der damals in Italien
herrschenden Sitte, wenigstens bei grösseren Bildern, angenommen
hatte. Die rothbraune Farbe des Bolus ist nämlich öfter durchge-
wachsen. Das durch künstlerischen Gehalt, wie durch Umfang be-
deutendste Werk unter diesen ist die im Jahr 1627 ausgeführte?
Kreuzigung in der Kathedrale von Mecheln. Die ziemlich reiche
Crdmposition ist mit vielem Stylgefühl abgewogen, der Moment des
Verscheidens und die dadurch hervorgebrachte Wirkung ist in er-
J
1 Die vollständigste Auskunft über diese, wie über alle Bilder des van Dyek
giebt John Smith im dritten Bande seines bekannten Catalogs raisonnä. 2 Das
äild befand sich ursprünglich in der jetzt aufgehobenen Franciskaner-Kirehe zu
echeln.