Volltext: Handbuch der deutschen und niederländischen Malerschulen (Bd. 1, Abt. 2)

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Kapitel. 
kann mit Sicherheit behaupten, dass kein anderer Maler seiner 
Zeit sich Alles, was sich in der Kunst lernen lässt, in der Voll- 
kommenheit angeeignet hatte, und mit solchem Bewusstsein in 
Anwendung brachte, als Mengs. Er componirte nach den Gesetzen, 
welche er aus den Werken des Raphael entnommen hatte, er suchte 
seinen Formen eine Schönheit zu geben, wie sie ihm in den be- 
rühmtesten Antiken entgegengetreten war, er zeichnete durchaus 
correct, er suchte sich in der Kenntniss des Helldunkels nach 
Correggio, in der Wahrheit der Färbung nach Tizian zu bilden. 
Endlich hatte er die Technik der Malerei in Fresco, in Oel, in 
Schmelz, in Miniatur und in Pastell in einem seltnen Grade inne, 
und brachte alle diese Eigenschaften mit grosser Gewissenhaftigkeit 
in Anwendung. Wenn irgend einer, so lieferte er indess den Be- 
weis, dass selbst der völlige und äusserst seltne Besitz aller jener 
Eigenschaften noch keineswegs einen grossen Künstler macht, son- 
dern dass hierzu als erste und unerlässlichste Bedingungen eine 
erfinderische Phantasie und YVärme des Gefühls erforderlich sind. 
Diese aber hatte ihm die Natur versagt, oder, wenn ja Keime 
davon in ihm gelegen hatten, so waren sie durch die rücksichtslose 
Härte, womit er für so lange Zeit nur zur Aneignung von Fremdem 
angehalten worden, ohne Eignes, wenn auch nur in unvollkommner 
Form ausdrücken zu dürfen, schon früh erstickt worden. Seine 
Bilder erscheinen daher als ein Agregat an sich höchst anerken- 
nungswerther Eigenschaften, welche indess, ohne jenen schöpferi- 
schen und belebenden Götterfunken, kalt lassen. Am meisten be- 
friedigen seine Bildnisse, weil Wahrheit der Auffassung, richtige 
Zeichnung, gute Färbung und meisterliche Behandlung hier noch 
am ersten ausreichen. Die Kälte des Gefühls macht sich indess 
selbst bei diesen bemerkbar. Wenn man indess die Werke des 
Mengs mit den, fast durchweg in der Auffassung gezierten, in der 
ganzen Ausbildung höchst oberflächlichen, und alles tüchtigen 
Wissens baaren, Malereien seiner Zeit vergleicht, ist jedoch die 
grosse Bewunderung, welche dieselben fanden, einigermassezi be- 
greiflich. Schon mit 17 Jahren wurde er von dem König August 
von Polen mit einem Gehalt von 600 Thalern in Dresden _als Hof- 
maler angestellt. Bei seinem langen Aufenthalt in Rom erhielt er 
ehrenvolle Aufträge von dem Kardinal Alexander Albani, und dem 
Pabst Clemens XIV. Endlich rief ihn der König von Spanien, 
Karl IlL, mit einem sehr hohen Gehalt an seinen Hof nach Madrid,
	        
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